Mit ganz schwerem Geschütz versuchte der österreichische Katholikenchef
Schönborn bezüglich des Urteils des Europäischen
Menschenrechtsgerichtshofes gegen gesetzliche Schulkreuzverpflichtungen
aufzufahren: Er fühlt sich "schon ein wenig erinnert an die religionsfeindlichen
totalitären politischen Systeme des 20. Jahrhunderts".
Die Nazis kann er
damit nicht gemeint haben. Dort wurde zwar 1941 vom bayrischen Gauleiter Wagner
die Entfernung der Schulkreuze angeordnet, man zog dies aber nach katholischer
Empörung wieder zurück. Entfernung von politischen Gegnern oder Juden, das hatte
die katholische Kirche zu keinen Protesten veranlasst, aber das katholische
Schulkreuz, das musste bleiben! Die katholische Kirche schloss auch den Herrn
Hitler nie aus ihren Reihen aus und die Geistlichen beteten für den Führer und
den Sieg der deutschen Waffen.
Gemeint hat Schönborn sicherlich auch nicht
die Diktaturen in Italien, Spanien, Portugal, Österreich, Kroatien usw., weil
die waren alle kirchenfreundlich bis klerikalfaschistisch, dort waren die Kreuze
totalitär festgemauert.
Also bezog sich diese Ansage Schönborns
ausschließlich auf die kommunistisch regierten Staaten. Dort bestand zumindest
eine bis ins Letzte durchgeführte Trennung von Staat und Religion, also keine
Schwörerei "so wahr mit Gott helfe" und keine Kreuze in Kindergärten und
Schulen. Aber nicht einmal der sowjetische Staat verlangte, dass Kirchenaltäre
Hammer und Sichel zu tragen hätten. Selbst dort hielt man sich also an die
Bibel, Markus 12, 17: "Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist und gebt Gott was
Gottes ist".
Aber in Staaten, wo man über Jahrhunderte als katholische
Kirche eine erbarmungslose Diktatur ausüben konnte, dort gilt Markus 12,17
nicht. Da sind auch Gerichtssäle, Kindergärten und Schulklassen dem
Bezugsbereich des katholischen Gottes ausgeliefert. Schönborns totalitärer
Vergleich lässt sich somit auch so interpretieren, dass Österreich in bestimmten
Bereichen immer noch ein Gottesstaat ist.
Selbst Univ.-Prof. Dr. Ulrich
Körtner, Vorstand des Instituts für Systematische Theologie und
Religionswissenschaft der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien nennt den
Ausspruch Schönborns eine "bedauerliche Entgleisung" und sieht seitens des
Kardinals ein "etwas problematisches Verhältnis zum modernen Rechtsstaat".
Körtner vermutet, die katholische Kirche bausche die Sache künstlich auf, um zu
zeigen, dass die katholische Kirche noch das Sagen habe.
In der ZiB2 vom
13.11.09 sieht dann Schönborn gar noch "gut 90 Prozent Anhänger der einen oder
anderen Religion". In Österreich dürften schon zwischen 1,5 und 2 Millionen
Menschen konfessionslos sein, also gehen sich bei gut acht Millionen Einwohnern
längst keine 90 % Kirchenmitglieder mehr aus!
Schönborn ist jedenfalls
total dafür, dass in diversen staatlichen Anstalten das Triumph- und
Herrschaftszeichen der katholischen Religion zu hängen habe, Anders- und
Ungläubige hätten diesen Gesslerhut zu respektieren.
Das vorläufige Urteil
des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes war sicherlich ein Streich
auf die rechte Backe der katholischen Kirche. Dabei stünde diesbezüglich
eigentlich geschrieben, (Mt.5,39) "Ich aber sage euch, dass ihr nicht
widerstreben sollt dem Übel, sondern, wenn dir jemand einen Streich gibt auf
deine rechte Backe, dem biete die andere auch dar".
Doch noch niemals hat die
katholische Kirche die andere Backe dargeboten. Dabei wäre es diesmal so leicht
gegangen. Man hätte als "andere Backe" die Entfernung der Kreuze aus den
Gerichtssälen anbieten können.
Aber sowas kann man nur im Scherz sagen. Denn
die diesbezüglichen Worte des HErrn gelten nur für die Sonntagspredigt. Unter
der Woche bietet man keine andere Backe an, sondern drischt wild um sich, wenn
Privilegien in Gefahr zu geraten scheinen. Amen.