Vom Kirchenbeitrag zur Kirchensteuer?

Die Kirchenaustritte machen der katholischen Kirche zu schaffen. Eine Mitgliedschaft ohne unmittelbare finanzielle Leistungen der einzelnen Mitglieder wären den Funktionären offenbar lieber.

So äußerte am 20.1.2010 der Generalvikar des Erzbistums Vaduz, Markus Walser in einem Interview mit dem "Liechtensteiner Vaterland", der Hauptgrund für die hohen Austrittszahlen in Österreich sei eindeutig der Kirchenbeitrag. In Ländern, die keine Beiträge einheben, spielten Kirchenaustritte praktisch keine Rolle, hingegen seien in Deutschland, der Schweiz und Österreich Austritte bei allen Konfessionen ein ernstes Thema.

Was weder ein irdisches, noch ein göttliches Wunder ist!
Warum sollte jemand, dem Religion egal ist, aus einer Kirche austreten, die ihn extra nichts kostet, weil der Staat sowieso alles aus Steuermitteln zahlt? Oder wenn es eine "Kultursteuer" gibt, die jeder Steuerzahler zahlen muss, aber nach seinem Belieben widmen kann? Z.B. in Italien kann ein Katholik durchaus die Kultursteuer dem Roten Kreuz oder der Bergrettung widmen, ohne dass er deswegen seinen Status als Katholik einbüsste. Wenn jemand nicht ein deklarierter Atheist oder Freidenker ist, kann und wird ihn das nicht berühren, auch wenn er nie in die Kirche geht und keine kirchlichen Dienste in Anspruch nimmt.

In der letzter Zeit tauchten Meldungen aus kirchlichen Kreisen auf, die von Überlegungen berichten, individuelle Mitgliedsbeiträge für die Kirchen durch andere Lösungen zu ersetzen (siehe Info Nr. 29). Die Atheisten müssen damit rechnen, dass in diese Richtung zunehmend argumentiert werden wird und dass die Kirchen ihren Besitzstand durch die Einführung einer allgemeinen Kirchensteuer (etwa unter dem Namen "Kultursteuer") zu wahren trachten werden. Wer sich dann nicht die Mühe macht, einer nichtkirchlichen Organisation diese neue Sondersteuer zu widmen, zahlt mit, egal, ob er konfessionslos ist oder Kirchenmitglied. Austritt lohnt sich nimmer und der Herr Walser hat recht: Denn er stellte im genannten Interview klar, dass aus theologischer Sicht ein Austritt aus der katholischen Kirche gar nicht möglich sei, weil "jeder Getaufte durch den Empfang dieses Sakraments definitiv in die Kirche eingegliedert wird". Das liest sich so ähnlich wie das alte Parteistatut der DDR-SED: dort gab es lange Zeit keinen Austrittsparagraphen, aus der SED trat man nur durch Tod oder Ausschluss aus. Bei der katholischen Kirche gibt's nicht einmal das.

Jetzt versuchen die Kirchen anscheinend, Reklame dafür zu machen, dass auch Religionslose gefälligst Kirchensteuer zahlen sollten. Wir Konfessionslosen bekämen also eine neue Steuer dazu, konfessionell Gebundene hätten finanziell mit dem Austritt nichts mehr zu gewinnen!