Das Kreuz ist nicht nur Zeichen des Glaubens, es steht auch für die Kultur
des christlichen Abendlandes. Es ist Angriffen ausgesetzt, man erinnere sich
an die Diskussionen über Kreuze in Schulklassen. Manchmal wird es auch im Wahlkampf
missbraucht, weil man damit Stimmen und Macht gewinnen will ("Abendland
in Christenhand").
Der größte Schaden droht dem Kreuz jedoch aus
den Reihen derer, die es im Namen Christi tragen. Die erschütternde Vielzahl
an Verbrechen durch so genannte Gottesmänner birgt die Gefahr, dass das Kreuz
in vielen Köpfen eine zusätzliche Bedeutung bekommt: als Symbol für sexuellen
Missbrauch.
Die Schamlosigkeit ist atemberaubend. Man darf annehmen,
dass es vorwiegend gläubige Christen sind, die ihren Kindern Gutes tun wollen,
indem sie sie der Kirche näherbringen. Und ausgerechnet dort, wo man sein Kind
in besten Händen glaubt und wo so viel von Seelenheil gesprochen wird, werden
Kinderseelen durch Missbrauch zerstört. Widerlicher kann ein Vertrauensbruch
nicht ausfallen.
Noch abstoßender wird das Bild bei der Vorstellung,
dass es auch Serientäter im Priesterkleid gibt. Und dass diese Männer vielleicht
nur deshalb immer wieder zuschlagen konnten, weil Verdachtsmomente unter den
Teppich gekehrt wurden. Der Papst muss sich vorhalten lassen, in seiner früheren
Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation im Jahr 2001 alle Bischöfe dazu
vergattert*) zu haben, bei Pädophilie absolute Geheimhaltung zu wahren.
Die
Kirche braucht keine Ratschläge von außen, und es ist ihre Angelegenheit, wie
sie es mit der Sexualität hält. Aber wenn ihre Vertreter kriminell handeln,
haben weltliche Maßstäbe zu gelten.
Das ungute Licht, das auf das Kreuz
fällt, trifft leider auch die vielen Priester mit reinem Gewissen. Sie werden
damit leben müssen. Denn es ist nur natürlich, dass Eltern zunehmend vorsichtig
werden, wenn es um Kind und Kirche geht.
Anm. d.
HP: *) Kardinal Ratzinger erinnerte damals daran, dass die vatikanische Vertuschungsvorschrift
von 1962 immer noch anzuwenden sei.