Die deutsche "Zeit" berichtete am 24.3.2010, dass der türkische
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auf einem Vollbeitritt der Türkei zur
EU besteht, die Einrichtung von staatlichen türkischen Gymnasien in der BRD
verlangt, ebenso eine Doppelstaatsbürgerschaft für Türken, die sich in Deutschland
einbürgern lassen wollen, denn "auch wenn jemand seine Staatsbürgerschaft
ablegt, kann er seine ethnische Herkunft nicht ändern".
Bei seinem
Deutschland-Besuch im Februar 2008 bezeichnet Erdogan die Assimilation türkischer
Einwanderer in Deutschland als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Zuvor hatte Erdogan in einer Diskussion mit Kanzlerin Merkel die Schaffung türkischer
Schulen und Universitäten in Deutschland angeregt, damit Türken in Deutschland
ihre Sprache und Kultur nicht vergäßen. Die Aussagen Erdogans lösten heftige
Kontroversen in der BRD aus.
Im Februar 2010 lud Erdogan türkischstämmige
Politiker aus mehreren europäischen Ländern zu einer Lobbyveranstaltung der
türkischen Regierung nach Istanbul ein. Etwa 1500 Parlamentarier folgten seiner
Einladung. Während der Veranstaltung forderte er die Politiker eindringlich
dazu auf, die politischen Interessen der Türkei in den verschiedenen europäischen
Ländern aktiv zu vertreten. Eine Steigerung der politischen Einflussnahme im
Sinne der Türkei sei durch den Erwerb der Staatsbürgerschaft zu erreichen. In
einer Rede wiederholte er den umstrittenen Satz aus seiner Rede in Köln 2008
"Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und "Wir
müssen die europäische Kultur mit der türkischen impfen".
Erdogan
ist der Vorsitzende der Adalet ve Kalkinma Partisi (Partei für Gerechtigkeit
und Aufschwung, AKP), die als gemäßigt islamisch gilt, sich aber trotzdem
sehr bemüht, dass der islamische Glauben auch im öffentlichen Leben in Erscheinung
tritt, was bereits wiederholt zu Problemen mit der laizistischen türkischen
Verfassung führte.
Die Außenpolitik ist offiziell darauf ausgerichtet,
von der Türkei ein westlich-reformorientiertes Bild zu geben. Das was Erdogan
offenbar tatsächlich anstrebt, ist es jedoch die islamisch-türkischen Parallelwelten
zu fördern und damit die Integrationsprobleme zu erhöhen. Die Ablehnung des
Islamismus in Europa nimmt ohnehin ständig zu, Erdogan versteht es offenbar
nicht, dass er mit seinen Forderungen genau diese Ablehnung anheizt und rechtsextremen
Parteien die ideologischen Sturmgewehre aufmagaziniert. Es würde wohl keinem
Politiker aus den jetzigen Staaten Exjugoslawiens einfallen, den Migranten aus
diesem Gebiet die Assimilation untersagen zu wollen und die Ausbreitung "südslawischer
Kultur" samt eines parallelen serbokroatischen Schulwesens zu verlangen.
Es kann jedoch auch nicht Sinn der Zuwanderung sein, Parallelwelten zu schaffen und für deren Ausbau zu sorgen, Integration und in den Folgegenerationen Assimilation wird die Vorgangsweise sein müssen, wenn wir in Europa nicht langfristig erhebliche Probleme haben wollen. Die Ausweitung einer "islamischen Kultur", die je nach Ausformung vergleichsweise irgendwo zwischen dem Mittlelalter oder dem Antimodernismus zuzuordnen wäre, kann nicht gut gehen, das gibt Konflikte, die vermeidbar sind! Das aufgeklärte und säkularisierte Europa kann nicht wegen islamistischer Zuwanderer Aufklärung und Säkularisierung wiederholen müssen! Wir sind nämlich schon im 21. Jahrhundert und können uns über den Niedergang des christlichen Systems freuen. Wir brauchen als Ersatz keine "Impfungen" durch Islamismus!