Heinz
Oberhummer, Obmann des Zentralrats der Konfessionsfreien, kritisiert das zögerliche
Vorgehen der Bundesregierung im kirchlichen Missbrauchs- und Misshandlungsskandal.
Das erwecke den Eindruck als wolle sich die Republik aus der Aufklärung der
jahrzehntelangen Vertuschung heraushalten. "Diese Vorgangsweise ist dem
Vertrauen darauf, dass staatliche Organe Kinder unter allen Umständen beschützen,
nicht förderlich", sagt Oberhummer.
Dass die katholische Kirche
ihre eigene Kommission gründen wolle, um die Missbrauchs- und Misshandlungsfällen
in den eigenen Reihen aufzuklären, sei schön und gut, sagt Oberhummer. "Ich
will da auch nicht beurteilen, ob Waltraud Klasnic unabhängig genug ist oder
nicht. Was mir fehlt, ist die Ankündigung einer staatlichen Kommission."
Nur diese könne eine systematische Aufarbeitung garantieren, sagt Oberhummer.
"In Irland, wo die Rolle der katholischen Kirche weitaus stärker war als
in Österreich, hat das funktioniert. Hier wird offenbar über so etwas nicht
einmal nachgedacht, entsprechende Forderungen von Österreichs humanistischen
und atheistischen Vereinen, politischen Parteien und Opferverbänden wurden nicht
einmal ignoriert."
Das Signal sei fatal: "Das erweckt
den Eindruck, als würde sich die Republik für unzuständig erklären. Wenn es
um die Schicksale von hunderten Kindern geht, ist das nicht angebracht. Kinder
müssen darauf vertrauen können, dass es immer jemanden gibt, der sie beschützt.
Wenn jetzt die Aufarbeitung wieder den Strukturen überlassen wird, die für körperliche,
sexuelle und psychische Gewalt verantwortlich sind, untergräbt das das Vertrauen
in staatliche Strukturen." Außerdem würde das die Kultur des Wegschauens
perpetuieren, das die zahllosen Vorfälle der vergangenen Jahrzehnte ermöglicht
hat. "Da haben nicht nur Kirchenvertreter weggeschaut. Oft genug haben
es auch Behörden getan." Auch dieser Verantwortung müsse sich eine
staatliche Kommission stellen.
Bei der Aufarbeitung gehe es nicht nur
um die katholische Kirche. "Eine solche Kommission wäre auch ein wichtiger
Beitrag, um ein Klima zu erzeugen, in dem Opfer offen über ihr Leiden sprechen
können. Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch dürfen nicht länger verschwiegen
werden sondern müssen offensiv angesprochen werden. Nur so kann man künftige
Opfer verhindern - egal ob der Täter aus der Familie kommt, der Kirche oder
der Schule", sagt Oberhummer.
Der Zentralrat der Konfessionsfreien versteht sich als rechtliche und politische Vertretung der 1,8 Millionen Konfessionsfreien in Österreich. Ihm gehören der Freidenkerbund, die Giordano-Bruno-Stiftung, der Zentralrat der Ex-Muslime, die Allianz für Humanismus und Atheismus und die AgnostikerInnen und AtheistInnen für ein säkulares Österreich (AG-ATHE) an.