Ein moralischer Dreckhaufen

Das seit Juni 2009 laufende Priesterjahr sollte dem Priesteramt einen höheren religiösen Wert geben und damit Reklame für Priesternachwuchs machen. Auf der Schlussmesse zum Priesterjahr am 11. Juni 2010 sagte Papst Ratzinger am Petersplatz dazu u.a.:

"(…) Diese Kühnheit Gottes, der sich Menschen anvertraut, Menschen zutraut, für ihn zu handeln und da zu sein, obwohl er unsere Schwächen kennt -die ist das wirklich Große, das sich im Wort Priestertum verbirgt. Dass Gott uns dies zutraut, dass er Menschen so in seinen Dienst ruft und so sich ihnen von innen her verbindet, das wollten wir in diesem Jahr neu bedenken und verstehen.

Wir wollten die Freude neu aufleben lassen, dass Gott uns so nahe ist und die Dankbarkeit dafür, dass er sich unserer Schwachheit anvertraut. Dass er uns führt und hält, Tag um Tag. So wollten wir auch jungen Menschen wieder zeigen, dass es diese Berufung, diese Dienstgemeinschaft für Gott und mit Gott gibt -ja, dass Gott auf unser Ja wartet.
Mit der Kirche wollten wir wieder darauf hinweisen, dass wir Gott um diese Berufung bitten müssen. Wir bitten um Arbeiter in der Ernte Gottes, und dieser Ruf an Gott ist zugleich ein Anklopfen Gottes ans Herz junger Menschen, die sich zutrauen, was Gott ihnen zutraut.
Es war zu erwarten, dass dem bösen Feind dieses neue Leuchten des Priestertums nicht gefallen würde, das er lieber aussterben sehen möchte, damit letztlich Gott aus der Welt hinausgedrängt wird. So ist es geschehen, dass gerade in diesem Jahr der Freude über das Sakrament des Priestertums die Sünden von Priestern bekannt wurden -vor allem der Missbrauch der Kleinen, in dem das Priestertum als Auftrag der Sorge Gottes um den Menschen in sein Gegenteil verkehrt wird. (...)".

Man muss es mit wahrem "Genuss" lesen. Dass Ratzinger an den Teufel ("bösen Feind") glaubt, steht ihm als bibeltreuem Katholiken zu. Jedoch rechnet er diesem Teufel nicht die Straftaten der Kleriker an, sondern nur den Umstand, dass "die Sünden von Priestern bekannt wurden".
Die teuflische Schweinereien waren somit nicht die Missbrauchsfälle, die teuflische Schweinerei war deren Aufdeckung!


Alles hätte sich katholisch-theologisch verständlich lösen lassen, wenn sich Ratzinger an seine Exorzisten gehalten hätte. Der Chefexorzist des Papstes, Don Gabriele Amorth, stellte gegenüber der italienischen Zeitung La Repubblica im heurigen März fest, man sei nirgends vorm Antichrist gefeit: "Der Teufel lebt im Vatikan. Er hat die Vertrauen der Menschen gewonnen. Die Folgen sind sichtbar. Wir haben Kardinäle, die nicht an Christus glauben, Bischöfe, die mit Dämonen verbunden sind. Wir haben diese Geschichten mit der Pädophilie."

Ratzinger hätte also durchaus die Möglichkeit gehabt, die Schuld auf den Teufel zu schieben. Statt zu sagen "wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen", hätte er sagen können: "wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung, dass wir nicht wachsam genug gewesen sind und das böse Wirken des bösen Feindes nicht rechtzeitig erkannt und bekämpft haben, wir werden all die Teufel austreiben, die in manche unserer Priester gefahren sind, um sie zu Sündern zu machen". Nu, das hätte zwar ziemlich altmodisch, aber noch viel unbeteiligter und vor allem befreiend von eigner Schuld, also ganz kirchlich-katholisch geklungen. Schlimmstenfalls wäre es schließlich bloß religiös fahrlässig gewesen, sich zuwenig um den "bösen Feind" gekümmert zu haben.

Aber da stellt sich der Papst jetzt hin und wirft dem Teufel nicht vor, in Priester gefahren zu sein, um diese Priester schlimm sündigen zu lassen, nein, er wirft dem Teufel vor, den sündigen Priestern den Schutzmantel der katholischen Vertuschung entzogen zu haben! Sind Joseph Ratzinger und seine Berater so dumm, dass sie nicht begreifen, was da gesagt wurde? Oder war es im katholischen Heuchlerdschungel eine zufällige Lichtung unbedachter naiver Ehrlichkeit? Weil mit dem klerikalen Wertesystem stimmt dies ja völlig überein: was der Kirche schadet, ist schlecht, ist böse. Also kann es nur teuflisch sein, wenn man mit Lügen und Vertuschungen nimmer durchkommt.

Das genügt wohl. Die katholische Kirche outet sich durch ihren obersten Chef selbst als moralischer Dreckhaufen. Aber letztlich ist es egal. Die Medien haben das päpstliche Gewäsch ohnehin unreflektiert an die Öffentlichkeit weiter gegeben, das hier Geschilderte ist ihnen gar nicht aufgefallen ...