Als der polnische Papst Wojtyla 2005 verstarb, forderten
Fans von ihm schon beim
Begräbnis: Santo subito, drückten also aus, dass der verstorbene Papst ganz
plötzlich ein Heiliger werden sollte.
Einem Bericht des Vatikanexperten Andrea
Tornielli in der Mailänder Zeitung 'Il Giornale' vom 26. Juni 2010 soll dieser Slogan aber aktuell
nicht mehr viel Aussicht auf Erfolg haben - Dubbi sul miracolo di Wojtyla, da
santo subito a santo mai (Zweifel über die Wunder des Wojtyla, von heilig sofort
zu heilig nie).
Zuerst einmal gäbe es Probleme mit dem für die Seligsprechung erforderlichen
"Wunder". Abgesehen von Märtyrern müssen kirchenrechtlich für Selige "Wunder"
nachgewiesen werden, also irgendwer müsste angeblich durch Fürbitten an den Kandidaten von
Krankheit und/oder Ungemach durch Gottes Hilfe befreit worden sein. Heute geht
das nimmer so einfach. Beim "Wunder" für die Seligsprechung der "Mutter
Teresa" haben z.B. die Gesundheitsbehörden
in Indien festgestellt, die krebskranke Frau sei nicht durch eine Fürbitte, sondern durch
ärztliche Hilfe geheilt worden. Erinnern kann man sich vielleicht auch noch
an die Groteske um die Seligsprechung von Kaiser Karl, dieser soll an einem
göttlichen Krampfadernwunder beteiligt gewesen sein. Man hatte sich nicht getraut,
irgendeine nachprüfbare Geschichte zu präsentieren und griff auf ein 40 Jahre
altes Märlein zurück.
Das geplante Wojtyla-Wunder scheint medizinisch
gescheitert
zu sein, die vom verstorbenen Papst von der Parkinsonkrankheit geheilte Klosterschwester
litt gar nicht an dieser Krankheit. Zwar haben sich noch eine Vielzahl andere
Wundergeheilte gemeldet, aber heutzutage ist es nimmer so einfach wie früher, entsprechende
ärztliche Gutachten zu bekommen, auch in Lourdes hat es schon länger als zwanzig
Jahre kein "Wunder" mehr gegeben.
Außerdem kommen Papst Johannes Paul II. noch weitere Dinge in die Quere.
Nicht nur, dass man nun vermehrt davon spricht, er habe die Zügel in seinem
Kirchenimperium schleifen lassen, der "polnische Schlendrian" habe
sogar den gewohnten italienischen überboten. Speziell sein Wohlwollen für den
Erzbischof von Neapel, Kardinal Sepe, scheint nach dessen mutmaßlicher Verwicklung
in undurchsichtige Geschäfte, eher als unselig zu beurteilen zu sein.
Aber der Hauptpunkt gegen einen Santo-Subito-Papst ist dessen Umgang mit
den Missbrauchsfällen, deren Vertuschung er durchgehend gefördert oder zumindest
geduldet haben dürfte.
Tornielli nennt als Beispiel Wojtylas Verhältnis zum Gründer der Legion Christi,
Pater Marcial Maciel. Obwohl die dortigen Missstände lange bekannt waren, wagte
man es im Vatikan erst, den Zuständen in dieser Organisation offiziell auf den Grund zu
gehen, als sowohl Wojtyla als auch sein Protege Maciel
verstorben waren.
Am 1. Mai 2010 veröffentlichte der Vatikan eine "Erklärung
an die Legionäre Christi": Das extrem schwerwiegende und objektiv unmoralische
Verhalten von Pater Maciel, das durch unumstößliche Beweise bestätigt worden ist,
besteht bisweilen in wirklichen Straftaten und offenbart ein skrupelloses Leben
ohne echten religiösen Sinn. Von diesem Leben wusste der Großteil der Legionäre
nichts, dies vor allem aufgrund des Systems von Beziehungen, das P. Maciel aufgebaut
hatte, dem es gekonnt gelungen war, sich Alibis zu verschaffen, Vertrauen, Vertraulichkeit
und Schweigen seitens der ihn umgebenden Menschen zu erlangen und seine Rolle
als charismatischer Gründer zu stärken.
Wojtyla
segnete noch im Jahre 2004 den skrupellosen Kinderschänder Marcial Maciel eigenhändig
- also zu einem Zeitpunkt als
dessen Untaten dem Vatikan längst bekannt waren - so wird man kein Seliger!
Siehe dazu auch Info Nr. 170, Nr. 172 und den Profil-Artikel "Der Unselige".