Kreuzurteil - zweite Runde

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte am 3. November 2009, dass das Anbringen von Christenkreuzen in öffentlichen Gebäuden die Menschenrechte verletzt, siehe dazu Info Nr. 4.

Am 30. Juni ging das Verfahren nun in die zweite Runde, im Berufungsverfahren wird die Große Kammer des EGMR nun bis Anfang 2011 endgültig entscheiden.
Bemerkenswert dazu, dass nicht nur die streng katholische italienische Regierung diese Berufung veranlasst hatte, sondern dass auch Regierungen etlicher durch ihre religiöse Vergangenheit und/oder Gegenwart belasteter Staaten, sich diesem Berufungsverfahren auf Seite Italiens und des Vatikans anschlossen.

Auch Österreich positionierte sich gegen die Freiheit des öffentliches Bereiches von religiösen Symbolen. Das österreichische Parlament hatte nämlich katholisch-unterwürfig eilfertig schon am 19. November 2009 einen Antrag beschlossen, der von SPÖ und ÖVP eingebracht und von FPÖ und BZÖ unterstützt wurde, lediglich die Grünen blieben als säkulare Partei wahrnehmbar. Diese Entschließung forderte von der Regierung, sich für die Präsenz von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum und in den Schulen einzusetzen. Die Bischöfe und Prälaten werden vor Begeisterung über diesen christkatholischen Eifer gehallelujaht haben. Das Christenkreuz hat nach Meinung von ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ also eine öffentlich-staatliche Funktion zu haben, alle Bürger hätten dieses Zeichen der Herrschaft, diesen religiösen Gesslerhut weiterhin zu tolerieren.

Außenminister Spindelegger (ÖVP) in der österreichischen Stellungnahme an die Große Kammer: kulturelle Vielfalt, sozialer Friede und gegenseitige Toleranz seien "Grundpfeiler unserer gemeinsamen europäischen Werteordnung sind, die maßgeblich durch die christlich-abendländische Tradition mitgeprägt wurde. In dieser Tradition haben religiöse Symbole ihren legitimen Platz".

Der Außenminister darf also im Auftrag der österreichischen Regierung vor dem EGMR historischen Unwahrheiten verbreiten. Kulturelle Vielfalt und gegenseitige Toleranz wurden erst möglich, nachdem die Allmacht der katholischen Kirche im jahrhundertelangen Widerstandskampf gebrochen worden war. Die Beseitigung des Christenkreuzes im öffentlichen Bereich wäre ein großes Zeichen für den Sieg der Aufklärung über religiöse Einfalt, religiösen Terror, über Unterdrückung und Intoleranz.

Wir können und wollen hoffen, dass die Große Kammer des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht aus Furcht vor den immer noch mächtigen Klerikern und ihren weltlichen Handlangern in die Knie geht.

Weg mit den katholischen Herrschaftszeichen, weg mit den Kreuzen aus den öffentlichen Bereichen!