"Wien bleibt in der Hand der Sozialdemokraten um den Bürgermeister Michael
Häupl. Doch die rechspopulistische FPÖ mit ihrem Frontmann Heinz-Christian Strache
kann in der österreichischen Hauptstadt deutlich zulegen - nach einem ausländerfeindlichen
und antiislamischen Wahlkampf.
Der Chef der rechtspopulsitischen FPÖ, Heinz-Christian
Strache, warb in Wien mit eindeutigen Sprüchen. Einer lautete: "Freie Frauen
statt Kopftuchzwang". Ein anderer, in Anlehnung an den umstrittenen deutschen
Islamkritiker und früheren SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin: "Sarrazin
statt Muezzin!"
Der ehrgeizige Nachfolger des verstorbenen FPÖ-Rechtspopulisten
Jörg Haider hat damit seine Ziele erreicht. Bei den Landtagswahlen konnte er
am Sonntag zwar nicht Bürgermeister werden - das Rathaus bleibt wohl in der
Hand der Sozialdemokraten von der SPÖ. Doch Strache legte nach seinem ausländerfeindlichem
Wahlkampf deutlich zu. Die FPÖ schaffte es auf 27 Prozent, fast doppelt so viel
wie die 14,8 Prozent von 2005. Sie verdrängte die konservative Österreichische
Volkspartei (ÖVP) vom zweiten Platz und verbuchte als einzige im künftigen Parlament
vertretene Partei Zuwächse."
Die Gründe für diesen Rechtsruck sind völlig klar. Bereits in
den 1990er-Jahren hatte sich der Unmut vieler Menschen über den Umgang der Politik
mit der Zuwanderung in einer deutlichen Hinwendung von Protestwählern an die
rechtsrechte FPÖ gezeigt. Der damalige FPÖ-Chef Jörg Haider war glücklicherweise
dumm genug, im Jahre 2000 mit dem Ehrgeizling Wolfgang Schüssel eine Koalition
einzugehen. ÖVP und FPÖ bildeten die desaströste Regierung, die Österreich seit
1945 erdulden musste, die FPÖ verlor bei den folgenden Wahlen ihre Zugewinne
seit 1986, Jörg Haider spaltete sich mit dem BZÖ ab, die FPÖ unter Strache
begann wieder von vorne.
Im Jahre 2008 bei den Nationalratswahlen
stieg die FPÖ wieder auf, 2009 bei der EU-Wahl versuchte Strache kreuzwachelnd
einen Religionskampf, "Abendland in Christenhand" gegen die muslimischen
Einwanderer. Die Wähler goutierten das eher nicht, die Drohung mit der "Christenhand"
kostete im Vergleich zu 2008 viele Stimmen. 2010 bei der Wahl des Bundespräsidenten
versuchte es Strache mit einer stramm deutschnationalen Kandidatin und scheiterte
damit ebenfalls deutlich.
Offenbar lernte er daraus, dass "Christenhand"
und Deutschtümelei keine besonders wirkungsvollen Motive sind, die FPÖ zu wählen.
Er konzentrierte sich also auf die Versäumnisse der Politik, die es in den
letzten zwanzig Jahren nicht geschafft hat, das Migrationswesen auch nur irgendwie
planmäßig zu regeln. Eine große Anzahl von Menschen sah und sieht sich Umwälzungen
gegenüber, die verunsichern, die Angst machen, die die gewohnten Lebensumstände
nachhaltig verändern.
Auf besonders hohe Ablehnung stößt die "Islamisierung
per Einwanderung". Man will das nicht, naturwüchsig profitiert davon die
FPÖ, weil die anderen Parteien diese Verunsicherungen und Ängste entweder nicht
wahrnehmen wollen oder mit dummen moralischen Appellen darauf reagieren. Man
wird diese Einstellungen in der Bevölkerung allerdings wahrnehmen und sich mit
den Migrationsproblemen befassen müssen, man wird in Österreich die Migration
einer verbindlichen Regelung unterwerfen, man wird die Veränderungsängste ernst
nehmen müssen. Sonst wird der Strache bei der nächsten Wahl seine Stimmen
wieder verdoppeln können.