2010 war ein Jahr, in dem die christkatholische Religion schweren Schaden
erlitten hat. Die längste Zeit war es üblich gewesen, Sexualstraftaten von
Priestern zu vertuschen und die Täter bloß zu versetzen. Die heilige römisch-katholische
Kirche stand außerhalb des Gesetzes. Den Opfer wurden von den Tätern meist mit
religiösen Argumenten eine Schweigepflicht auferlegt, die Täter entblödeten
sich nicht, den Opfern mit Sündenstrafen zu drohen.
Dann brach das System
ein. In den USA klagten Opfer und die katholische Kirche konnte nichts mehr
vertuschen. In Österreich wurde der Hang des Wiener Erzbischofs Groër zur Knabenliebkosung
aufgedeckt, Groër musste zurücktreten. Noch hielt aber der Damm, der Fall Groër
schien ein bedauerlicher Einzelfall zu sein. In Irland brach wie in den USA
die Mauer des Schweigens, das große Ausmaß der katholischen Kinderschändung
wurde publik. Als im Jänner 2010 in einem katholischen Heim in Berlin solche
Untaten aufgedeckt wurden, brach auch in unseren Breiten der Schutzdamm.
Das
Lügen, Heucheln und Vertuschen funktionierte nicht mehr. Die katholische
Kirche stand nackt in der Öffentlichkeit. In Österreich arbeitete man zweigleisig,
einerseits gab man sich reuevoll und betroffen, andererseits installierte der
Verein der Täter seine eigene Kommission für die Opfer. Das gelang nicht vollständig,
viele Opfer weigerten sich, mit der Klasnic-Kommission zu sprechen. Diese Opfer
sind auch der Meinung, die Straftaten seien nicht verjährt, da die kirchlichen
Vertuschungsmethoden, der Zwang gegen die Opfer, zu schweigen, die Straftaten
zu fortgesetzten Handlungen machte. Es wird im Jahre 2011 dieser rechtliche
Aspekt sicherlich noch eine Rolle spielen müssen. Die Zahl der Kirchenaustritte
brachte einen neuen Rekord, das Ansehen der katholischen Kirche ist stark gesunken.
2010 war ein gutes Jahr.
Das Zweite, das 2010 zu einem guten Jahr machte, war das Buch von Thilo Sarrazin "Deutschland schafft sich ab". Das Buch brach ein Tabu. Vorher war es nämlich aus der Tradition der Bewältigung der NS-Zeit so gewesen, dass es praktisch nicht möglich war, Dinge im Migrationsbereich, die falsch liefen, auch nur zu thematisieren. Der Islam wurde dadurch zu einem Sakrosanktum. Strache und seine FPÖ hatten mit ausländerfeindlichen Slogans, mit der Forderung "Abendland in Christenhand" eine Art Kulturkampf vom Zaune gebrochen, der quasi verpflichtend zu einer Art unabdingbaren Solidarität mit dem Islam führte. Islamische Parallelwelten? Sowas durfte es nicht geben! Integrationsprobleme? Sowas durfte es nicht geben. Und dann schrieb ein ehemaliger SPD-Funktionär ein Buch, in dem all das, was es gar nicht gab, dargestellt wurde. Über den Islam kritisch zu diskutieren, wurde wieder möglich. 2010 war ein gutes Jahr.