Vatikan & Ethik & Mafia
Profil
Nr. 5 vom 30.1.2011 findet anlässlich einer großen Verhaftungsaktion gegen Mafiosi
in den USA als Hauptthema ein längerer Bericht über den "Mythos Mafia".
Über den Vatikan wird auch berichtet:
"Familiengeschäfte". Trotz dieser öffentlichen
Skandale wurden in der Machtzentrale der katholischen Kirche weiterhin "Familiengeschäfte"
betrieben. "Das kriminelle System von geheimen Mafiakonten ist über eine
Parallelstruktur der Vatikanbank nach den großen Betrugs- und Mordskandalen
jahrzehntelang weitergeführt worden", erklärt Gianluigi Nuzzi, Autor des
Bestsellers "Vatikan AG", im profil-Gespräch. Nuzzi erhielt von einem
ehemaligen Verwalter der Vatikan-Finanzen über 5000 Dokumente, Buchungsbelege,
vertrauliche Mitteilungen und Banküberweisungen der IOR, die belegen, dass die
kriminellen Machenschaften mit Wissen des polnischen Oberhirten erfolgten: "Papst
Johannes Paul II. wurde auf all diese Missstände aufmerksam gemacht, aber er
hat nichts unternommen. Im Gegenteil, die Sache wurde eher noch schlimmer."
Nach
Erscheinen von Nuzzis Buch vor knapp einem Jahr wurde der amtierende IOR-Chef
Angelo Caloia entlassen und durch den streng gläubigen Finanzexperten Ettore
Gotti Tedeschi ersetzt. Doch es sollte nur wenige Monate dauern, bis auch Tedeschi
wegen Geldwäscherei und möglicher Verbindungen zur Mafia ins Visier der Justizbehörden
geriet. Das Image des Vatikans als prunkvolle Waschmaschine des organisierten
Verbrechens bekam neue Nahrung. Nun steht Papst Benedikt XVI. unter enormem
Zugzwang. Vorvergangene Woche wurde die Gründung einer vatikanischen Finanzbehörde
gegen Geldwäsche und Finanzierung des internationalen Verbrechens beschlossen,
deren oberste Regel lautet: "Wer sich mit der Mafia einlässt, kommt für
zwölf Jahre ins Gefängnis."
Bisher waren also Mafia-Verbindungen im Vatikan nicht strafbar. Schließlich
ist man dort ja christlich und liebt seinen Nächsten und wohl auch seinen nächsten
Mafia-Paten. Oder so. Über die o.a. langjährigen Mafia-Connections des Vatikan
wird man aber trotzdem nichts Genaueres erfahren. Das wird weiterhin unter das
päpstliche Geheimnis fallen. Wie die Kinderschändungen.
In Österreich sind
die christlichen Kirchen jedoch davon überzeugt: Wer keinen Religionsunterricht
besucht, hat keine Ethik. Religiöse haben Ethik. Siehe oben.