Kirchensponsoring des ORF

Die "Initiative Religion ist Privatsache" hatte im Juni 2011 bei der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht, weil der ORF über die "Lange Nacht der Kirchen" am 27.5. nicht nur berichtete, sondern auch abgehaltene Veranstaltungen mit ORF-Geldern unterstützte, denn mehrere ORF-Landesstudios schienen als Sponsoren dieses Events auf. Da der ORF als de facto staatliche Einrichtung der religiösen Neutralität des Staates verpflichtet ist und nicht als Missionierungsgehilfe der Kirche agieren darf, ist eine solche Vorgangsweise mehr als bedenklich.

Jetzt erhielt die "Initiative Religion ist Privatsache" eine sehr eigenartige Antwort der Staatsanwaltschaft und sandte deshalb am 5.8. folgende Pressemitteilung aus:

Staatsanwaltschaft schließt vorerst Verfahren - Antrag auf Begründung gestellt - Beschwerde bei KommAustria in Vorbereitung wegen ORF-"Sprachregelung"

Wien, 5.8.2011. Ohne eine Begründung zu liefern stellte die Staatsanwaltschaft Wien das von der Initiative Religion ist Privatsache angestrebte Ermittlungsverfahren zum ORF-Sponsoring der kirchlichen Missionierungs- und Marketingaktion "Lange Nacht der Kirchen" vorerst ein. Ein mitgelieferter lapidarer Verweis auf §4 Abs 1 Z.12 ORF-Gesetz, wonach der ORF im Rahmen des verbreiteten Programms die Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften angemessen zu berücksichtigen hat, sorgt für Kopfschütteln: für die Beurteilung des Sachverhalts ist diese Bestimmung nämlich irrelevant; im vorliegenden Fall geht es nicht um die Programmgestaltung sondern um die aktive Finanzierung bzw. Förderung von kirchlichen Aktivitäten. Aus diesem Grund hat die Initiative die Staatsanwaltschaft Wien aufgefordert, eine Begründung nachzuliefern; schließlich lässt sich die Mitwirkung des ORF als öffentlich-rechtliche Stiftung in kirchlichen Aktionen bzw. die (Mit-)Finanzierung dieser von keiner Bestimmung des ORF-Gesetzes ableiten.

"Dass der Österreichische Rundfunk die ‚Lange Nacht der Kirchen' sponsert, entgeht meiner Vernunft, es überrascht mich mittlerweile aber auch nicht" meinte Prof. Heinz Oberhummer, Vorstandsmitglied der Initiative Religion ist Privatsache, und fügte hinzu: "das sind aber genau die Auswüchse, die man bekommt, wenn Vertreter der Kirche - allerdings als einzige Glaubensrichtung Österreichs - sowohl im ORF-Publikumsrat als auch im Stiftungsrat sitzen und mitmischen. Der ORF, als praktisch staatliche Einrichtung, darf nicht zu einer kirchlichen Webeagentur, geschweige Finanzierungsagentur, verkommen. Alleine schon aus diesem Grund ist eine restlose Aufklärung dieser Sponsoringaktivität notwendig".

Anschließend prangerte Oberhummer die kirchenfreundliche Berichtserstattung des ORF zum Event selbst an: "Wie der ORF auf die mehrmals genannte Teilnehmerzahl von 310.000 kam, ist mir schleierhaft, insbesondere da keine Polizeischätzungen vorlagen. Das ist Hofberichtserstattung". Damit sprach Oberhummer einen offensichtlichen Verstoß gegen §1 Abs 3 (Sicherung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung bzw. der Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks, die mit der Besorgung der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks beauftragt sind) an. In diesem Zusammenhang überraschte Oberhummer die jüngste Meldung, wonach Gerhard Ziegler, ORF-NÖ Vize-Chefredakteur und ORF-Stiftungsrat, per Rundmail alle RedakteurInnen angewiesen hat, den Attentäter von Norwegen nicht als "christlichen Fundamentalisten" sondern als "Rechtsextremisten" zu bezeichnen, ebenfalls nicht (Anm.: siehe Info Nr. 546). "Hier nutzt eine ORF-Führungskraft unverschämt die eigene Machtposition aus, um entgegen den Bestimmungen des ORF-Gesetzes die Berichtserstattung gemäß der eigenen tief katholischen Weltanschauung zu beeinflussen", so Oberhummer. Seine Haltung wurde jüngst auch von dem ORF-Redakteursrat geteilt. Die Initiative Religion ist Privatsache erwägt zusätzlich in dieser Sache eine Beschwerde bei der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) einzubringen.

Das Team der Initiative Religion ist Privatsache