Vatikaneinigung mit Piusbrüdern?

Auf verschiedenen katholischen Sites wird über das am 14. September 2011 angesetzte Treffen zwischen dem Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Levada, und dem Generaloberen der Piusbruderschaft, Bernard Fellay berichtet. Dazu wird jeweils aus einem Bericht der französischen Tageszeitung "Le Figaro" zitiert, danach könnte eine Einigung zwischen Vatikan und den Häretikern möglich sein.

Man könne sich nämlich möglicherweise darauf einigen, dass die Meinungsverschiedenheiten kein "essenziellen Fragen des katholischen Glaubens" betreffen würden, somit keine Abspaltung von der katholischen Lehre vorläge. Der Vatikan hatte bisher gefordert, die Piusbrüder müssten die Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils vollständig anerkennen, um der katholischen Kirche wieder zugerechnet werden zu können. Mit der Konstruktion über die "essenziellen Fragen" könnte der Piusbruderschaft der Status einer eigenständigen Gruppe innerhalb der katholischen Kirche gewährt werden, ja sogar die Position einer sogenannten "Personalprälatur" wäre möglich.

Die Einrichtung solcher Prälaturen wurde eben auf diesem 2. Vatikanum, dessen Elemente von den Piusbrüdern zum Teil vehement abgelehnt werden, eingeführt. Einer solchen Personalprälatur steht ein vom Papst bestellter Prälat vor, die Statuten werden ebenfalls vom Vatikan erlassen. Bisher wurde allerdings erst ein einziges Mal eine Personalprälatur eingerichtet: 1982 "Opus Dei", die 1928 in Spanien vom inzwischen heiliggesprochen Josemaría Escrivá gegründet worden war und sich u.a. dadurch "auszeichnete", dass ihr sehr viele Minister der klerikalfaschistischen Franco-Regierungen angehörten.

Es wird in katholischen Kreisen nicht damit gerechnet, dass nach dem Treffen vom 14.9. gleich bekannt wird, ob es dort Beschlüsse gab und welcher Art diese waren. Die bisherige Linie von Papst Ratzinger lässt allerdings vermuten, dass ihm die Heimholung der weit rechtsaußen*) angesiedelten Piusbrüder ein Anliegen ist. Denn das 2. Vatikanum liegt auch dem Ratzinger im Magen, er bemüht sich ja ständig, die damals beschlossenen Reformen wieder wegzureformieren. Was jedoch nicht so einfach ist, weil Konzilsbeschlüsse kann auch ein Papst nicht abändern.
*) man erinnere sich an Piusbischof Williamson, den Holocaustleugner, siehe Info 523

Das 2. Vatikanum war der Versuch von katholischen Reformern, vom Vormodernismus wegzukommen und die katholische Kirche näher an die gelebte Wirklichkeit heranzubringen. Ratzinger ist ein Vormodernist, er will zurück in alte Zeiten, wo es noch eine alleinseligmachende römisch-katholische Kirche gab, die im Besitze der absoluten göttlichen Wahrheit war.

Wenn die Wiedereingliederung der Piusbrüder gelingt, dann ist das ein wichtiger Schritt in diese Richtung, zurück in den Vormodernismus, weg von der Wirklichkeit.
Es ist sicherlich möglich, eine katholische Kirche auf diese Weise zu führen, sich auf die wirklich Strenggläubigen zu konzentrieren und damit längerfristig zu einer exklusiven Sekte der wahrhaften Wahrheitsbesitzer zu werden.

Kann man als Atheist nur befürworten. Es leben z.B. in Österreich achtzig bis neunzig Prozent der katholischen Kirchenmitglieder in einem faktisch atheistischen Alltag. Was Ratzinger mit seinem Weg erreichen könnte, wäre nicht die Neuevangelisierung, sondern die Vertreibung der Taufscheinchristen. Und das wäre sicherlich ein guter Weg.

Überraschenderweise gab's am 14.9. sogar eine Bekanntgabe des Ergebnisses der Zusammenkunft im Vatikan.
Laut Piusbruder Fellay sei das Gespräch mit dem Präfekten der Glaubenskongregation, "mit großer Höflichkeit und auch mit großer Offenheit" geführt worden. Er äußerte, das vom Vatikan als Vorbedingung für eine Einigung vorgelegte Dokument, die lehrmäßige Präambel, sei noch vertraulich. Allerdings könne er sagen, dass der vatikanische Text für eine mögliche Interpretation des Konzils nicht die von manchen vorgeschlagene Unterscheidung in unantastbare, dogmatische Konzilsbeschlüsse einerseits und eine bloß pastorale Dimension andererseits vornehme.
Die Präambel enthalte Lehrprinzipien und Interpretationskriterien der katholischen Lehre, die notwendig sein sollen, um die Treue zum Lehramt der Kirche zu garantieren. Ferner bleibe eine Diskussion über bestimmte Formulierungen von Texten des Konzils möglich. Über ein kirchenrechtliches Statut für die Piusbruderschaft zu spekulieren, sei noch zu früh, darüber könne erst später gesprochen werden, wenn die noch offen Fragen geklärt seien.

Die Piusbrüder als Personalprälatur? Morgen nicht. Aber übermorgen?