Opfer des Klerikalfaschismus rehabilitiert

Lange hat es gedauert, am 18.1.2012 wurde es doch erreicht. Die Opfer der klerikalfaschistischen Diktatur 1933 bis 1938 wurden rehabilitiert.

Der christliche Bundeskanzler Engelbert Dollfuß hatte 1933 mit einem Geschäftsordnungstrick das Parlament ausgeschaltet und danach mittels eines Notstandsgesetzes aus der Kriegszeit diktatorisch regiert, politische Gegner wurden ausgeschaltet, fallweise auch eingesperrt, bereits 1933 wurden der Republikanische Schutzbund, die KPÖ und der Freidenkerbund verboten, nach dem Februaraufstand 1934 folgte die Sozialdemokratie, führende Aktivisten dieses Aufstandes gegen den sich etablierende Faschismus wurden gehenkt. Durch die Niederlage der Linken in den Kämpfern des 12. Februar blieb den Klerikalfaschisten nur noch die faschistische Konkurrenz der Nazis. Diese scheiterten zwar im Juli 1934 mit ihrem Putschversuch, da dabei der verhasste Diktator Dollfuß erschossen worden war, stieg jedoch das Ansehen der Nazis in der Bevölkerung stark an. Der Dollfuß-Nachfolger Kurt Schuschnigg beharrte auf dem klerikalfaschistischen System bis es zu spät war: im März 1938 marschierten die deutschen Nazis in Österreich ein und Millionen Menschen jubelten ihrem vermeintlichem Befreier von Not und klerikaler Unterdrückung, Adolf Hitler, zu. Dass man einen Tausch zum noch Schlechteren gemacht hatte, erlebten die Menschen in den Folgejahren bis 1945 (siehe zum Klerikalfaschismus: Der Weg in den Faschismus - downloaden kann etwas dauern, 6,35 MB).

Eine ähnliche Aufarbeitung des Klerikalfaschismus wie es sie in Sachen Nationalsozialismus seit den 1980er-Jahren gegeben hat, fand in Sachen Klerikalfaschismus niemals statt. Sogar die offizielle Bezeichnung dafür "Austrofaschismus" verweigert die Zuordnung an die ideologischen Drahtzieher: die Diktatur hatte ihre Basis in der katholischen Lehre vom Ständestaat (Enzyklika Quadragesimo anno von Papst Pius XI.). Der Ständestaat war eine Art Antwort des Katholizismus auf die Entwicklung des Kapitalismus gewesen und hatte versucht, eine vormodernistische Linie der Rückkehr zum System der Zünfte und Stände vorzugeben und wandte sich besonders gegen die Arbeiterbewegung und den Säkularismus. Die katholische Kirche hat solche Systeme in ganz Europa zu erreichen versucht, außer in Österreich ist ihr das in Spanien, Portugal, Kroatien, Ungarn und der Slowakei gelungen, auch Polen bekam damals ein katholisch-autoritäres Herrschaftssystem.

Die katholische Kirche hat sich davon niemals distanziert, es sei darum hier das verdiente Lob wiedergegeben, dass die Dollfußregierung Weihnachten 1933 aus dem Vatikan erhielt: "Sie kann schon jetzt auf eine Reihe von segensreichen Taten hinweisen, die das wahre Wohl sichern und fördern. Weise Verordnungen zum Wohle der Jugend und des Unterrichts, die Wiederbelebung des religiösen Geistes in Schule und Erziehung, die Neuorganisation des Heeres in christlichem Geiste, das Konkordat mit dem Heiligen Stuhle, die Riesenarbeit für eine neue Verfassung zum Wohle des Volkes, mit einem Worte: die Wiederverchristlichung des gesamten öffentlichen Lebens und das friedliche Zusammenwirken zwischen Staat und Kirche zum Wohle aller." Denn was das Wohl der alleinseligmachenden Kirche ist, das ist das Wohl aller! Nie wieder seit dieser Zeit ist der katholische Geist so über den Menschen in Österreich geschwebt! Das von den Faschisten damals abgeschlossene Konkordat ist allerdings großteils immer noch in Kraft.

Zwei oberösterreichische Todesopfer des klerikalfaschistischen Unrechts:
  
Links der Steyrer Josef Ahrer, rechts der Linzer Anton Bulgari, dieser soll sich geweigert haben, nach dem Todesurteil ein Gnadengesuch einzubringen: "Von derer Bagage brauch ich keine Gnade!"

In den parlamentarischen Klubräumen der ÖVP, also der Nachfolgepartei der Klerikalfaschisten, hängt auch heute noch das Bild des Diktators Dollfuß, er war ja schließlich einer der Parteivorsitzenden:


Die nun endlich erfolgte gesetzliche Rehabilitierung der Opfer des katholischen Faschismus ließ natürlich die katholische Kirche als Verursacher außen vor. Der Standard schrieb am 18.1.: "Mit den Stimmen aller fünf Parlamentsparteien hat der Nationalrat die Rehabilitierung von Opfern des Austrofaschismus beschlossen. Mit dem 'Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetz' werden alle Personen rehabilitiert, die zwischen 6. März 1933 und 12. März 1938 ('Anschluss' an Deutschland) verurteilt, angehalten bzw. ausgebürgert wurden, weil sie sich für ein unabhängiges und demokratisches Österreich eingesetzt hatten. Auch politische Meinungsäußerungen sind ausdrücklich umfasst. Alle diesbezüglichen Urteile von Straf-, Sonder- und Standgerichten werden aufgehoben, ihr Unrecht wird in einer eigenen Klausel dezidiert festgehalten und den Justizopfern wird Anerkennung gezollt. Über diese allgemeine Rehabilitierung hinaus können betroffene Personen, deren Ehegatten, Lebensgefährten, Verwandte in gerader Linie oder Geschwister außerdem per Antrag eine Feststellung erwirken, dass die Verurteilung als nicht erfolgt gilt. Die Entscheidung darüber trifft das Wiener Straflandesgericht, in Zweifelsfällen kann es einen beim Justizministerium einzurichtenden sechsköpfigen Rehabilitierungsbeirat beiziehen. Entschädigungs- und Rückersatzansprüche können aufgrund des Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetzes nicht erhoben werden."

Die Täter und ihre Hintermänner blieben nach 1945 ungeschoren und sie bleiben es auch heute. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes, amen.