Piusbrüder gegen Kirchensteuer

Am 7. März 2012 lautete eine Schlagzeile auf kath.net, "Piusbrüder rufen deutsche Katholiken zum 'Kirchenaustritt' auf".

Was so nicht stimmt. Denn die deutsche Sektion der Ultrakatholiken des Kardinals Lefebvre rief nur auf, keine Kirchensteuer mehr zu zahlen. Während in Österreich die anerkannten Religionsgemeinschaften ihre Mitgliederlisten via Meldedaten bekommen (dort gibt's eine Spalte "religiöses Bekenntnis", allerdings keine durchsetzbare Pflicht, dort was hinschreiben zu müssen) und dann selber den "Kirchenbeitrag" einheben, ist in Deutschland auf der Lohnsteuerkarte (die haben sowas noch bis Ende 2012, in Österreich wurde schon 1994 auf EDV umgestellt) eine Eintragung des Religionsbekenntnisses, die Firmen und Finanzämter heben die Kirchensteuer als Zuschläge zur Lohn- und Einkommenssteuer ein und leiten sie an die Kirchen weiter.

Das hat in Deutschland schon vor einiger Zeit zu einem gefinkelten Vorgehen einiger Katholiken geführt. Denn nach den Vorschriften des Vatikans muss man vom Glauben abfallen, um aus der katholischen Gemeinschaft exkommuniziert zu werden, austreten kann ein Getaufter überhaupt nicht (das gab's auch in der DDR lange Zeit, in den Statuten der SED war kein Austritt vorgesehen, die Mitgliedschaft endete entweder durch Tod oder Ausschluss).

Über das deutsche Modell und das Schlupfloch, am Finanzamt seine Bereitschaft zu beenden, Kirchensteuer zu zahlen, gleichzeitig aber darauf zu beharren, katholisch zu sein, wurde hier seinerzeit berichtet, siehe Info Nr. 278: "BRD: Ausgetreten und trotzdem katholisch", auch die katholische Kirche in Österreich befasste sich mit diesem Thema, siehe Info Nr. 301 - "Der Kirchenaustritt kirchenrechtlich". Ich bin ja immer wieder von meinem Archiv begeistert, weil ich mich echt mit jedem kirchlichen Scheiß zu befassen scheine, aber das steht mir als aggressivem Krawallatheisten zu!

Kath.net berichtete: In der März-Ausgabe ihres "Mitteilungsblatts" ist ein Formular abgedruckt, mit dem der 'Kirchenaustritt' erklärt werden kann. In der Erklärung wird betont, dass sich der Austritt "einzig und allein auf die Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts" beschränkt. Als Grund wird "der Missbrauch der Kirchensteuergelder" genannt, die "zur Zerstörung des Glaubens der Kirche" verwendet würden. Ein Großteil des Geldes werde dazu benutzt, "all jene Laienorganisationen, Räte und Funktionäre zu bezahlen, welche die Kirche an der Basis zerstören", heißt es. Das Geld solle stattdessen "jenen Werken gegeben werden, welche der Tradition der Kirche treu geblieben sind und so am Aufbau der Kirche weiterarbeiten". Dann weiß man aber auch bei kath.net, dass es nur ums Geld geht und die Verweigerung der deutschen Kirchensteuer laut Rom kein Glaubensabfall ist.


Hier die Überschrift des diesbezüglichen Artikels im Mitteilungsblatt 3/2012 der deutschen Piusbrüder, der gesamte Artikel samt Abmeldeformular kann hier als PDF angesehen werden. Wenn die deutschen Piusbrüder und ihre aktiven Anhänger tatsächlich die Kirchensteuerzahlung verweigern, wird das die r.k. Kirche nicht in den Konkurs treiben, weil in Deutschland laufen die Piusbrüderlichen nicht zu Zehntausenden umher, in der aktuellen Nummer des Mitteilungsblattes wird zum Beispiel berichtet, dass bei einem Protest gegen ein als blasphemisch abgeurteiltes Theaterstück (Golgota Picnic) in Hamburg achtzig Teilnehmer gewesen wären.

Die Aktion der deutschen Piusbrüder ist jedenfalls als Retourkutsche auf die Weigerung des Vatikans zu sehen, die Änderungen des 2. Vatikanums und das in den Folgejahren darauf basierende päpstliche Lehramt als unverbindlich zu anzusehen, siehe dazu Info Nr. 757 - "Keine Einigung mit Piusbrüdern?"

Dazu wieder die übliche Schlussbemerkung: Diese Fraktionskämpfe haben einen gewissen Unterhaltungswert. Zumindest für einen Pensionisten wie mich, der nicht den ganzen Tag Slapstickfilme sehen und Witzbücher lesen kann.