Christenverfolgung

Die Schweizer "Weltwoche griff in der Nummer vom 9.3.2012 ein heikles Thema auf: Christenverfolgung. Von christlicher Seite gibt es dazu Zahlen, die wohl jenseits des Wirklichen zu sehen sind, etwa wenn das von David B. Barrett geleitete Center for the Study of Global Christianity auf durchschnittlich pro Jahr getötete 100.000 Christen kommt, dann ist das mangels überprüfbarer Quellen nicht nachvollziehbar. Allerdings ist es durchaus nachvollziehbar, dass in manchen Staaten, um konkret zu sein: speziell in manchen islamischen Staaten, die Diskriminierung anderer Religionen in hoher Blüte steht. Das überkonfessionelle christliche Hilfswerk Open Doors definiert den Begriff "Christenverfolgung" nicht nur danach, dass Christen wegen ihrer Religion eingesperrt, verletzt, gefoltert oder getötet werden, Christenverfolgung herrsche auch dann, wenn Christen aufgrund ihres Glaubens ihre Arbeit oder ihre Lebensgrundlage verlieren, keine oder schlechte Schulbildung bekommen oder aus ihren angestammten Wohngebieten vertrieben werden.

Was sich sicherlich deutlicher belegen lässt, zum Beispiel sind im Zuge des Umsturzes in Ägypten die dortigen koptischen Christen als Angriffsziel erwählt worden. Das gestürzte autoritäre Regime war nicht islamistisch, sondern säkular ausgerichtet gewesen, das hatte ein gewisses Maß an Religionsfreiheit garantiert. Der Islam ist auch heute noch im Zustand des Anspruches, die einzige wahre Religion zu sein, so wie dies die katholische Kirche über Jahrhunderte unbarmherzig für sich beanspruchte. Andererseits beanspruchen die Islamisten nicht nur die Traditionen der westlichen Religionsfreiheit für ihre Interessen, sie verlangen Sonderrechte.

Der "Organisation für Islamische Zusammenarbeit" (OIC) gelang es den Begriff der "Islamophobie" erfolgreich zu vermarkten. Auf einer Konferenz in Islamabad hatten die OIC-Außenminister 2007, die "Islamophobie im Westen" als "die schlimmste Form des Terrorismus" bezeichnet. Mit beträchtlichem Erfolg gelang es tatsächlich Islamkritik als eine besonders schlimme Art von Ausländerfeindlichkeit und Minderheitendiskriminierung speziell in den Köpfen von Linken und Liberalen zu verankern.

Auch die Diskriminierung von Nichtmuslimen in islamischen Staaten wurde dadurch zu einem Thema, das möglichst gemieden wird. Wie aktuell zum Beispiel zu sehen am erschrockenen Umgang mit dem von Hinrichtung bedrohten Pastor im Iran (siehe Info Nr. 762) oder die Verfolgung des Saudischen Bloggers (siehe Info Nr. 748). Wenn man sich daran erinnert, wie kämpferisch sich westliche Politiker und Medien seinerzeit für mutmaßlich oder tatsächlich politisch Verfolgte im Ostblock einsetzten, könnte man den Unterschied mit dem Umgang mit Verfolgten im Islambereich zu einem Klavierkonzert ausbauen.

In Europa ist es bereits schwierig geworden, den Islam nicht wertzuschätzen, selbst unter Atheisten finden sich ständig Leute, die sich zwar jederzeit über irgendwelche katholische Missstände empören können, aber für deutlich schlimmere Dinge im Islambereich sofort Entschuldigungen und Rechtfertigungen finden zu müssen glauben.

Wer meine Homepage kennt, der weiß, dass ich sicherlich kein Freund des Christentums bin, ich freue mich beständig darüber, in einer immer säkularer werdenden Welt zu leben. Aber deswegen billige ich nicht, dass Menschen aus religiösen Gründen verfolgt werden. Wobei die Phrase "aus religiösen Gründen" in ihrer Zweischneidigkeit wahrgenommen werden muss: Es können Menschen wegen ihrer Religion verfolgt werden und es können Menschen aus Gründen der Religion der Verfolger verfolgt werden.

Dass sich in Europa in den letzten zwanzig Jahren schrittweise eingebürgert hat, Religionen nur dann kritisieren zu dürfen, wenn diese Religionen im Umfeld der europäischen Aufklärung ihren Stammsitz haben, ist jedoch ein kräftiger Schritt zurück hinter die Aufklärung. Man stellt sich praktisch unter eine Art von freiwilliger Selbstinquisition. Den Dalai Lama als Oberhaupt einer schrecklichen Religion zu sehen (siehe dazu die Sonderseite mit Colin Goldner), ist schon recht anrüchig, den Islam nicht als religiöse Bereicherung, sondern als Wiederkehr einer eigentlich schon überwundenen Vergangenheit zu betrachten, wird zunehmend zu einer schweren Sünde. Deswegen niederzuknien und Buße zu tun, wäre allerdings das Allerdümmste, das man als Atheist tun kann. Daher zum Abschluss ein Lesetipp: Hartmut Krauss, "Das frustrierte Begehren nach Verharmlosung".