Einen schweren Schlag versetzte der ägyptische Verfassungsgerichtshof
den Islamisten. Einerseits wurde für die am 17.6.2012 anstehenden Stichwahl
des Staatspräsidenten die Kandidatur des früheren Mubarak-Politikers Ahmed Shafik
für rechtens erklärt, andererseits erklärte das Gericht die Parlamentswahlen
für ungültig. Das Wahlrecht hatte vorgesehen, dass ein Drittel der Sitze an
unabhängige Kandidaten zu vergeben sei, aber auch diese Sitze wären großteils
von Parteikandidaten der Islamisten besetzt worden, die ihre Unabhängigkeit
sozusagen nur vorgetäuscht hätten.
Die Islamisten sprachen daraufhin
von einem "Putsch des Militärs". Hatten sich doch auf diese Art die
Muslimbrüder und die Salafisten eine 70%ige Mehrheit im Parlament gesichert.
Leider ist zu befürchten, dass am kommenden Sonntag bei der Stichwahl der Islamisten-Kandidat
Muhamed Mursi (24.78 % im ersten Durchgang) sich gegen Shafiq (23.66 %) durchsetzen
wird, obwohl bei den fünf wichtigsten Kandidaten der ersten Runde die Säkularisten
eine deutliche Mehrheit erreicht hatten. Die Ägypter hatten ja inzwischen die
Erfahrung gemacht, dass die Muslimbrüder und die Salafisten die Lage der Menschen
nicht verbessert konnten, die Wählerinnen und Wähler unterstützten daher nimmer
so intensiv die islamischen Kandidaten wie bei den Parlamentswahlen. Die Entwicklung
in Ägypten wird jedenfalls spannend bleiben, eine ägyptische Islamrepublik muss
weiterhin befürchtet werden.