.. hat in erster Instanz ein deutscher Familienrichter zwei ungetaufte
Schulkinder in der Ortschaft Kesternich in der Nordeifel, wie die taz am
23.7.2012 berichtete. Die Ortschaft ist sehr katholisch, die Eltern der Zwillinge
haben sich getrennt, sind beide konfessionslos, ebenso die Kinder, die heuer
im Herbst mit dem Schulbesuch beginnen. Der Vater kam nun auf die Idee, die
Kinder sollten trotz ihrer Nichtzugehörigkeit zur katholischen Kirche im Herbst
den katholischen Religionsunterricht besuchen, weil sie wegen ihrer Nichtteilnahme
am Religionsunterricht und an wesentlichen Gemeinschaftsveranstaltungen der
Schule aus dem Klassen- und Schulverband ausgegrenzt werden könnten. Es kann
wohl angenommen werden, dass der Kindesvater mit der Kindesmutter in Fehde lebt
und deshalb jede Möglichkeit kampfmäßig ausnutzt.
Kinder und Mutter
waren gegen diese Forderung des Vaters. Man landete vor dem Familiengericht
in Monschau und ein offenbar ganz besonders streng katholischer Richter namens
Robert Plastrotmann entschied im Sinne des Vaters, die taz berichtete:
Er
schränkte das Sorgerecht der Mutter ein und übertrug dem Vater "während
der Grundschulzeit die Entscheidung über den Besuch des Religionsunterrichts
und die Entscheidung über den Besuch der Schulgottesdienste für die Kinder".
Unter Abwägung aller Umstände "erscheint es für das Kindeswohl förderlich
und auch notwendig, den Besuch des Unterrichts und der Schulgottesdienste zu
ermöglichen", heißt es in dem abenteuerlichen Beschluss. Die Nichtteilnahme
stelle aufgrund von "Ausgrenzung" "eine Gefährdung des Kindeswohls
dar".
Nach Ansicht des Gerichts sei zu "berücksichtigen, dass die
Kinder außerhalb der mütterlichen Wohnung sich in einem ländlich-katholisch
geprägten Umfeld bewegen und christliche Symbole und Rituale für die Kinder
nichts Fremdes darstellen, diese vielmehr als Teil des Alltags anzusehen sind".
So sei die Teilnahme am Religionsunterricht und an Gottesdiensten "lediglich
eine Fortsetzung des Kontaktes mit Religion, den die Kinder bislang außerhalb
der Haushalte der Eltern erlebt haben".
Soweit die taz. Die Mutter
legte Berufung ein, das Oberlandesgericht in Köln wird sich damit befassen.
Dieses
erstinstanzliche Urteil wurde jedoch nicht vor achtzig Jahren in einem klerikalfaschistischen
Land gefällt, sondern im 21. Jahrhundert in einem Staat, der das Grundrecht
auf Religionsfreiheit in seinem Grundgesetz stehen hat. Ein Richter der weltweit
als demokratisch geltenden Bundesrepublik Deutschland urteilt, dass Kinder,
die in einem katholisch geprägten Dorf leben, in Reih und Glied katholisch mitzumarschieren
hätten, auch wenn sie dieser Religion rechtlich in keiner Weise zugeordnet werden
können. Die Ortschaft Kesternich hat nur rund 1.500 Einwohner, es mag schon
sein, dass unter diesen 1.500 die Katholiken eine sehr dominierende Mehrheit
haben. Daraus aber jetzt eine Verpflichtung abzuleiten, es wäre für das Kindeswohl
notwendig, sich zwangsweise katholisch verhalten zu müssen, ist eine Entscheidung,
die den Geist der Gegenreformation und des Klerikalfaschismus atmet. Ein
Richter, der so ein Urteil abgibt, wäre vielleicht für die seinerzeitige heilige
Inquisition qualifiziert gewesen, ist es aber sicherlich nicht für einen europäischen
Rechtsstaat im 21. Jahrhundert.