Pussy Riot: zwei Jahre Haft

Wegen einer in Gebetsform gekleideten politischen Meinungsäußerung gegen den Kandidaten Putin in der Moskauer Erlöserkathedrale am 21. Februar 2012 wurden drei Frauen, die eine Punkband bildeten, in Untersuchungshaft gesteckt (siehe Info Nr. 958). Ihre Band heißt Pussy Riot ("Muschi Aufruhr") und hier ist das Punkgebet:
Mutter Gottes, Du Jungfrau, vertreibe Putin! Vertreibe Putin, vertreibe Putin!
Schwarzer Priesterrock, goldene Schulterklappen - Alle Pfarrkinder kriechen zur Verbeugung. Das Gespenst der Freiheit im Himmel. Homosexuelle werden in Ketten nach Sibirien geschickt.
Der KGB-Chef ist Euer oberster Heiliger, er steckt die Demonstranten ins Gefängnis. Um den Heiligsten nicht zu betrüben, müssen Frauen gebären und lieben.
Göttlicher Dreck, Dreck, Dreck! Göttlicher Dreck, Dreck, Dreck!
Mutter Gottes, Du Jungfrau, werde Feministin, werde Feministin, werde Feministin!
Kirchlicher Lobgesang für die verfaulten Führer - Kreuzzug aus schwarzen Limousinen. In die Schule kommt der Pfarrer, geh zum Unterricht - bring ihm Geld.
Der Patriarch glaubt an Putin. Besser sollte er, der Hund, an Gott glauben. Der Gürtel der Seligen Jungfrau ersetzt keine Demonstrationen - Die Jungfrau Maria ist bei den Protesten mit uns!
Mutter Gottes, Du Jungfrau, vertreibe Putin! Vertreibe Putin, vertreibe Putin!"
Hier das Video des Auftritts:


Seit Oktober 2011 war die Gruppe mit farbigen Kopfmasken gegen die Kandidatur von Wladimir Putin aufgetreten, der sehr intensiv von der russisch-orthodoxen Kirche unterstützt wird, weil ihr der ehemalige KGB-Chef Putin sehr hilfreich entgegenkommt, u.a. mit der Einführung eines Religionsunterrichtes in mehreren Varianten im Herbst 2012 (siehe dazu Info Nr. 740).

Am Nachmittag des 17. August 2012 wurden die drei in Handschellen vorgeführten Angeklagten des Rowdytums aus religiösem Hass schuldig gesprochen, das Strafausmaß wurde am späteren Nachmittag bekanntgegeben: zwei Jahre Haft. Zwei Jahre für einen 90-Sekunden-Auftritt in eienr Kirche, für einen Auftritt, der das Bündnis Kirche-Putin kritisierte.

Weltweit gibt es Solidaritätsaktionen für die drei Frauen, z.B. sagte Ex-Beatle Paul McCartney: "Ich will, dass Ihr wisst: Ich hoffe sehr, dass die russischen Behörden das Prinzip der Redefreiheit für alle ihre Bürger respektieren und nicht glauben, Euch für Euren Protest bestrafen zu müssen". Auch in Wien gab es Protest, am 14.8. besetzten vier vermummte Männer den Altar der St. Nikolaus Kathedrale, der zuständige Pope drohte danach mit Anzeige wegen Herabwürdigung religiöser Lehren, in der Kirche waren zu diesem Zeitpunkt außer den vier Protestierenden nur ein Kirchenbesucher und eine Art Mesner anwesend. Welche Art von religiösen Lehren durch den Protest herabgewürdigt worden sein könnte, sagte der Pope nicht, der § 189, Störung einer Religionsübung, kommt auch nicht infrage, da diese Aktion ja nicht während einer Messe stattfand. Auch Pussy Riot störte keine religiösen Handlungen, sondern benutzte nur einen Kirchenraum zum Protest.

Der Kampf geht weiter: Free Pussy Riot!