Hoch die Religionsfreiheit!

Wie nicht anders zu erwarten, haben sich die Religionsgemeinschaften und die ÖVP eifervoll gegen den Vorschlag von Unterrichtsministerin Schmied (siehe Info Nr. 1025) gewandt, den Ethikunterricht als Pflichtgegenstand für alle einzuführen.

Der Katholische Familienverband ließ verlautbaren, Ethik sei nur als alternativer Pflichtgegenstand zum konfessionellen Religionsunterricht wünschenswert und nicht als zusätzliches Unterrichtsfach. Die Diözese Wien betreibt ein Kirchenamt für Unterricht und Erziehung und das ist ebenfalls dafür, den Ethikunterricht nur als "Alternative" für religionsfreie SchülerInnen einzurichten.

Der oö Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer, ein berüchtigter Schwerkatholik, ist ebenfalls nicht für eine Ethik für alle, sondern für ethische Strafkompanien für Religionsfreie, er sagte am 27.8.: "Das ist geradezu ein Anschlag auf den Religionsunterricht aller Konfessionen." Weil wenn den Ethikunterricht alle besuchen müssen, dann funktioniert die Basis des Ethikunterrichtes wie ihn sich die Kirchen und die ÖVP vorstellen nimmer: dann bleiben nämlich die Freistunden für Abmelder vom Religionsunterricht erhalten und das von Kirchen und ÖVP ausgedachte Zwangsinstrument verliert seine Wirkung.

Was also heißt, man probiert ein Rezept der Vergangenheit aus.
Als seinerzeit in Österreich alles Recht von Gott ausging - Verfassung der klerikalfaschistischen Diktatur vom 1.5.1934 - ging ohne Gott und Religion gar nichts. Auch die Ablegung der Matura war ohne Teilnahme am Religionsunterricht damals nicht möglich. So klerikalfaschistisch kann man's heute nimmer angehen, weil dazu hat man damals die Heimwehr und das Bundesheer benötigt, also macht man es mit heute mit dem Märchen, religionslos = ethiklos, was bisher nirgendwo von irgendwem belegt werden konnte. Und all die Politiker, für die zurzeit wegen Schuldvermutungen die Unschuldsvermutung gilt, haben seinerzeit alle den Religionsunterricht besucht. Und die klerikalen katholischen Kinderschänder haben alle sogar den Komplettkatholizismus studiert!

Wer in der Schule nichts von Gott lernt, dem fehlt was, wird frech behauptet. Darum soll staatlich verordnet und gesetzlich geregelt werden: Zwangsethik für alle Religionsfreien. Der Lehrplan des Ethikunterrichts wird in hilfreicher Nächstenliebe möglichst von Theologen erstellt und unterrichten tun Ethik dann Lehrkräfte, welche die kirchliche Befugnis zum Religionsunterricht haben. Weil dann wäre das Ganze viel demokratischer geregelt wie seinerzeit unterm Dollfuß und unterm Schuschnigg und das Bundesheer bräuchte nicht den Karl-Marx-Hof beschießen.

Der im Februar 1934 mit Kanonen beschossene Karl Marx Hof - der Beschuss garantierte hinterher u.a. auch die Zwangsreligion - heute versucht man ohne Kanonen mit hinterhältiger Heuchelei dem Schwund des religiösen Interesses bei den jungen Menschen ebenfalls mit Staatsgewalt entgegenzutreten - das Ergebnis soll ähnlich sein: ohne Religions- und ohne Ethikunterricht keine Matura.

Damals gab's die "Vaterländische Front", ihr mussten sich politisch alle unterordnen, jetzt versucht die "Vaterländische Bildungsfront" den im Zerfall begriffenen Religionsunterricht durch Zwangsmaßnahmen aufrechtzuerhalten. Wer sich abmeldet, hat keine Freistunden, sondern einen klerikal unterspickten Ersatzunterricht. Wo man dann auch ein bisschen mit der Benotung steuern könnte, wer brav im Religionsunterricht bleibt, bekommt einen Einser, im Ethikunterricht kann's dann für unfreiwillige Teilnehmer, die dem von katholischer Kirche und ÖVP verabreichten Zwang nur widerwillig folgen, auch Fünfer geben.

Es besteht in Österreich keinerlei Religionspflicht, auch nicht in den Oberstufenklassen, diese Pflicht gab's ab 1934 im Klerikalfaschismus. Wenn es keine Religionspflicht gibt, dann gibt es auch keine Ersatzpflicht für die Nichtteilnahme am Religionsunterricht, das ist durch Artikel 14 des Staatsgrundgesetzes gewährleistet. "Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist von dem Religionsbekenntnisse unabhängig", heißt es dort. Der Religionsunterricht ist ein schulisches Angebot an SchülerInnen, die einer Religionsgemeinschaft angehören, niemand muss einer solchen Gemeinschaft angehören und auch wer ihr angehört, muss nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Diese Freiheiten wollen die ÖVP und die Kirchen beschneiden, auf die Grundrechte will man offenbar scheißen.

Darum ein Appell an die SPÖ: bitte reißt Euch zusammen und fallt nicht gleich wieder um, bleibt einmal bei der Sache! Ethikunterricht entweder für alle oder überhaupt nicht! Und wenn es einen gibt, dann durch entsprechend ausgebildete religionsfreie Lehrkräfte!