Aussendung der HINTERGRUND-Redaktion - Osnabrück
Kritische
Anmerkungen zur Sendung "Deutschland in Gefahr?" vom 4. September
2012, Sendezeit 20.15 bis 21.00 Uhr
Das ZDF hat - wieder einmal - die Chance vertan, das Thema "Islam und
Gewalt" sachgerecht zu behandeln und die realen Gefahrenquellen offen anzusprechen.
Stattdessen wurden den Zuschauern ebenso veraltete wie willkürlich konstruierte
Klischees vorgesetzt, die mit der Wirklichkeit nur wenig zu tun haben.
1. Die erneut strapazierte Standardlegende "Guter Islam - böser Islamismus"
stimmt einfach nicht. Tatsächlich entspringt der Islamismus aus der Mitte der
islamischen Herrschaftskultur und weiß sich sehr wohl ohne Missbrauch und Verfälschung
aus den islamischen Quellen (Koran, Hadithsammlung, Festlegungen der Rechtsschulen)
zu bedienen. Er ist inhaltlich fest im orthodoxen Scharia-Islam verankert, stellt
eine selektive Radikalisierung dieser herrschaftskulturell vorherrschenden Ideenformation
dar und basiert auf einer langen historischen Traditionslinie. D. h.: Der Islamismus
mit seiner terroristischen Speerspitze ist nicht durch eine "chinesische
Mauer" vom ‚Mehrheits-Islam' getrennt, sondern er verfügt in zahlreichen
Ländern der arabischen, afro-islamischen und asiatisch-islamischen Welt über
eine breite, sozialisatorisch vorgeprägte Massenbasis.
2. Die Unterschiede zwischen orthodoxen Muslimen, legalistischen Islamisten/Salafisten
und gewaltbereiten Djihadisten liegen nicht auf dem Gebiet der Ideologie, sondern
auf dem Gebiet der Taktik, wobei hier die Übergänge fließend sind und nicht
in starre sicherheitsbürokratische Schemata gepresst werden können. Bezeichnenderweise
in einem Geheimbericht des Think Tank Quilliam an die britische Regierung wurde
die Wahrheit ausgesprochen, dass explizit nur ein kleiner Teil der islamischen
Organisationen mit den Methoden von Al Kaida sympathisiert, aber sehr viele
mit deren Gesamtziel der Schaffung eines islamisch-theokratischen Staates auf
der Grundlage der Scharia übereinstimmen.
3. Mit der Gleichsetzung der Gefährlichkeit des internationalen und nationalen
Islamismus mit dem einheimischen Rechtspopulismus wird die Öffentlichkeit gezielt
hinters Licht geführt und ein wirklichkeitsfremder Popanz aufgebaut. Gerade
die deutschen Rechtspopulisten verfügen kaum über eine nennenswerte Mobilisierungsfähigkeit,
sind die isolierten Prügelknaben der Nation (..). Auch ist - wie aus den Verfassungsschutzberichten leicht abgelesen
werden kann - das Personenpotenzial des zugewanderten islamistischen Rechtsextremismus
mit Milli Görüs, Grauen Wölfen, Muslimbruderschaft, iranischen Islamisten, Hisbollah
u. a. weit größer und umfangreicher als das Potenzial des einheimischen Rechtsextremismus.
4. Indem die Medien den Zusammenhang zwischen orthodoxem Islam und Islamismus
fortwährend vernebeln, Islamkritik pauschal diskriminieren und fortschrittlich-demokratische
Islamkritik nur gestutzt und marginal zu Wort kommen lassen, fördern sie selbst
das verstärkte Aufblühen islamistischer Tendenzen und treiben einen Teil der
zunehmend verunsicherten und wütender werdenden Bevölkerung in die Arme rechter
Gruppen.
Ausführliche Texte zum Thema finden Sie hier: www.gam-online.de/islam.html. Konkretes
gibts auch direkt unter den PDFs auf dieser Site, z.B. "Der Islamismus
als religiöse Artikulation einer totalitären Bewegung".