Eine gute Botschaft ..

.. brachte "Die Welt" am 5.11.2012: Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat eine "Gottvergessenheit" in Deutschland beklagt. "Es gibt eine Unkenntnis Gottes in zweiter und dritter Generation", sagte der rheinische Präses am Sonntag zu Beginn der Jahrestagung der EKD-Synode im Ostseebad Timmendorfer Strand. Vor allem in den östlichen Bundesländern, aber auch in manchen Großstädten im Westen sei die Frage nach Gott für viele Menschen schlicht unverständlich. "Gott, Glaube, Kirche sind Teil einer Fremdsprache, mit der manche Menschen genauso viel oder wenig anfangen können wie mit Mandarin oder Kisuaheli." Die Kirche brauche eine neue Kreativität bei der Verkündung ihrer Botschaft. Schneider bekräftigte das Ziel der EKD, auf dem Weg zum 500. Jahrestag der Reformation im Jahr 2017 ökumenische Akzente zu setzen. So sei bereits im kommenden Jahr eine gemeinsame Schrift von evangelischer und katholischer Kirche zum Christentum geplant, 2015 ein gemeinsamer Bibelkongress. (..)

Es ist sehr erfreulich, dass Kirchenfunktionäre das Wegschrumpfen der Religion wahrnehmen und diese gute Botschaft auch öffentlich verkünden. Immer wieder ist es jedoch bemerkenswert, wie sehr kirchliche Funktionäre die Realität verkennen. Sie reden von "Unkenntnis", die Menschen wüssten also zuwenig über die Religion, oder von "Gottvergessenheit", sie hätten demnach zwar irgendwann was darüber gewusst, es wäre aber ihrem Gedächtnis entfallen.

Die banale Antwort, die christlichen Göttergeschichten interessierten die Leute immer weniger, weil sie damit nichts anfangen könnten, weil die Christenlehre auf glaubhafte Weise keine Bedürfnisse mehr befriedigt, wagen sie verständlicherweise nicht zu äußern. Das Problem der Kirchen liegt somit nicht in der Nachfrage, sondern im Angebot.

Um das mittels eines Gleichnisses zu beleuchten: die Leute waschen seit Jahrzehnten ihre Wäsche mit Waschmaschinen. Keine Firma käme auf die Idee, heute Waschkessel, Waschtrog und Waschrumpeln dafür anzubieten und dann öffentlich darüber zu jammern, das Geschäft ginge immer schlechter, weil die Leute an Unkenntnis über die Dreifaltigkeit von Waschkessel, Waschtrog und Waschrumpel litten und schon in dritter und vierter Generation ganz auf das händische Wäschewaschen vergessen hätten.


Es ist heute so, dass manche Menschen daran glauben, sie müssten im Mondkalender nachschauen, bevor sich die Haare schneiden ließen oder ihre Waschmaschine füllten. Oder sie lassen sich vielleicht eine Gerätschaft montieren, die das Wasser in der Wasserleitung auf irgendeine spezielle nicht messbare Weise beleben soll. Sowas wird durchaus noch geglaubt. Oder auch, dass im Tageshoroskop der Tageszeitung (siehe dazu Info Nr. 1002) etwas Wahres stehen könnte. Weil sowas ist unkonkret genug, um wenigstens einen Talisman-Effekt auszulösen, ohne dass man deswegen in gebührenpflichtigen Mondkalender- oder Horoskopgemeinschaften verkehren müsste.

Nach dem Gleichnis, noch eine Prophezeiung: Organisiert an einen Gottessohn zu glauben, den alle lieben müssten, weil er ihre Gebete erhöre, ihre Sünden auf sich genommen habe und sie nach dem Tode gar ins ewige Paradies führe, das ist eine Waschkessel-, Waschtrog- und Waschrumpel-Religion.

Und ihr Schicksal wird im Laufe der nächsten Jahrzehnte in den Gebieten der aufgeklärten Welt das Schicksal von Waschkessel, Waschtrog und Waschrumpel sein. Amen.