Ägyptische Führerbefehle

Muslimbruder Mohammed Mursi hat sich selber zum Pharao ausgerufen, auf Info Nr. 1160 hab ich das mit dem NS-Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 verglichen. Hitler war am 30. Jänner 1933 zum "Reichskanzler" ernannt worden, seine Koalitionsregierung bestand aus zwei weiteren Nazis, aus zwei Ministern der Deutschnationalen Volkspartei, fünf Parteilosen, sowie dem früheren Politiker des katholischen Zentrums, Franz Papen, als Vizekanzler, im Reichstag hatte die Koalition 248 Sitze (NSDAP 196, DNVP 52) von 584, also keine Mehrheit. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 erließ auf Antrag des NS-Innenministers der senile Reichspräsident Hindenburg eine Notverordnung "zum Schutz von Volk und Staat" mit der Verfassungsteile außer Kraft gesetzt wurden, am 5. März fanden unter dem Ausnahmerecht Reichstagswahlen statt, die NSDAP erhielt 288 der nun vergebenen 647 Sitze, die von der DNVP kreierte Kampffront Schwarz-Weiß-Rot bekam 52, die im Verordnungsweg befohlene Aberkennung der 81 Sitze der KPD bringen der Regierungskoalition eine deutliche und der NSDAP alleine eine knappe absolute Mehrheit. Erst das Ermächtigungsgesetz vom 23.3. schafft die NS-Diktatur, die bürgerlichen Parteien stimmten alle zu, die SPD stimmte dagegen, die KPD war nimmer dabei. Ab nun kann die Regierung Gesetze - einschließlich von Verfassungsgesetzen - ohne Reichstag beschliessen.

Dieses Ermächtigungsgesetz wurde am 30.1.1937 und am 30.1.1939 vom gleichgeschalteten Reichstag und am 7.5.1943 von Hitler selbst und alleine verlängert. Am 14.1.1936 wurde festgelegt, dass die nationalsozialistische Weltanschauung "Grundlage der Auslegung aller Rechtsquellen" sei, Gesetze von vor 1933 nicht mehr angewandt werden dürften, wenn sie "dem heutigen gesunden Volksempfinden ins Gesicht schlagen" und außerdem dass "Führerentscheidungen" keinerlei rechtlicher Überprüfung unterlägen.

Wozu dieser Ausflug in die deutsche Zeitgeschichte? In Ägypten ist eine ähnliche rechtliche Entwicklung viel rascher abgelaufen. Im ägyptischen Parlament haben die Muslimbrüder 235 der 508 Sitze, die Salafisten 123, zusammen also 70 Prozent der Sitze, sie können tun, was sie wollen, Präsident Mursi müsste sich keineswegs noch extra Sonderrechte verordnen. Seine Anordnung "Alle Verfassungszusätze, Entscheidungen und Gesetze des Präsidenten sind endgültig, gegen sie kann kein Rechtsmittel mehr eingelegt werden" übertrifft das Ermächtigungsgesetz der Nazis, weil dort waren anfangs zumindest formal noch Regierungsbeschlüsse notwendig, um Gesetze und Verfassungsänderungen zu erlassen, Mursi ist gleich zum Endstand im NS-System geschritten, er kann alles alleine anordnen und auch seine "Führerentscheidungen" entziehen sich der rechtlichen Kontrolle. Interessant ist auch die obige Nazi-Vorschrift, dass die nationalsozialistische Weltanschauung "Grundlage der Auslegung aller Rechtsquellen" sei, man wechsle nur den Bezug aus, in islamistischen Staaten ist die Scharia "Grundlage der Auslegung aller Rechtsquellen" und Gesetze, die der Scharia widersprechen sind nicht anwendbar.

Man kann und muss daher klar schlussfolgern: staatsrechtlich ist Ägypten zurzeit eine klerikalfaschistische Führerdiktatur. Was noch nicht heißt, dass Mursi das so exzessiv ausnutzen wird, wie Hitler. Aber wenn sein Diktatorenerlass gültig bleibt, dann KANN er es!


Trotzdem melden sich in Europa bereits wieder Islamschönredner.
Im WDR hält beispielsweise ein Journalist namens Joseph Croitoru Präsident Mursi für den Retter der ägyptischen Demokratie, weil er wegen der Kritik der kleinen Parteien am Verfassungskonvent deren weiteren Verbleib in diesem Gremium befohlen habe, "sich wieder an einen Tisch zu setzen und gemeinsam das verfassungsrechtliche Fundament für einen neuen demokratischen Rechtsstaat zu legen". 100 Leute sitzen in diesem Gremium, davon sind 70 Islamisten, die eine Scharia-Verfassung ausarbeiten. Das ergibt bestimmt ein verfassungsrechtliches Fundament für einen neuen demokratischen Rechtsstaat. Oh Heilige Einfalt!

Demokratisch-säkular ausgerichtete Ägypter leisten Widerstand gegen die rechtlich bereits eingerichtete Diktatur, diese Menschen müssten vom aufgeklärten Europa bedingungslos unterstützt werden! Mursi und seine Komplizen wissen, dass sich bei den nächsten Wahlen der riesige Sieg der Muslimbrüder nicht mehr wiederholen wird, dazu hat die jetzige Regierung zuwenig geleistet, der Lebensalltag ist für viele Menschen gegenüber der Mubarak-Zeit keineswegs besser, sondern öfter sogar schlechter geworden.

Am 28.11.2012 demonstrierten auf dem Tahrir-Platz in Kairo 300.000 gegen Mursi und seine Diktatorenverordnung, heute am 29.11. will der Verfassungskonvent einen Verfassungsbeschluss fassen und am 30.11. sollen Millionen Muslimbrüder für Mursi demonstrieren. Ägypten steht auf dem Scheideweg.

Siehe weiter auf Info 1173!