Eine Folge der langen Versäumnisse im Bereich Einwanderung und Integration
ist das anhaltende Absinken der Qualität der Schulbildung.
Am 11.12.2012
wurde wieder
ein Testergebnis bekannt gegeben, im Mai 2012 waren in Österreich in der ersten Vollerhebung in der österreichischen Schulgeschichte
80.000 14-jährige in Mathematik getrennt nach Allgemeine Höhere Schulen (AHS)
und Hauptschule/Neue Mittelschule (HS/NMS) getestet worden.
Hier
die Testergebnisse Österreich gesamt, Wien (schlechtestes Bundesland) und Oberösterreich
(bestes Bundesland), Angaben (außer bei Punkten) in %.
Aus
den Zahlen ist zu ersehen, dass ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen dem
schlechten Abschneiden und der Migration besteht, die Zahlen für "Nicht
erreicht" liegen in etwa auf der Höhe der Schulkinder mit Migrationshintergrund,
in Wien sind es über 50 %, in OÖ rund 25 % und in Gesamtösterreich 24 %. Greifen
in OÖ eingeleitete Maßnahmen besser? Nach den Zahlen sind die Schulleistungen
in OÖ in allen Bereichen deutlich besser als in Wien und im Schnitt, aber
das ist eher schon eine alte Tradition.
Immerhin wurde dazu doch verlautbart,
dass es einen Zusammenhang zwischen der Anzahl von SchülerInnen mit Migrationshintergrund
und den Ergebnisse geben würde. Aber nur ganz kurz danach hieß die Hauptinterpretation,
die schlechten Ergebnisse lägen in "sozialen Problemen". Das kann
alles heißen, also z.B. wenn der Vater das Geld versauft, dann können die Kinder
nichts dafür, aber auch nicht rechnen.
Schau'n wir uns die Sache einmal
genauer an, wozu auch eine parlamentarische Anfrage plus Antworten herangezogen
werden kann.
In einer ÖVP-Anfrage vom Oktober 2012 wurde das Problem
mangelnder Deutschkenntnisse angesprochen und von der Unterrichtsministerin
zu wissen begehrt: Planen Sie einen Gesetzesvorschlag in Form einer Regierungsvorlage
zur Novellierung der derzeitigen gesetzlichen Vorschriften, um die Schulreife
stärker als bislang an das Vorhandensein bzw. das Fehlen von Kenntnissen der
Unterrichtssprache Deutsch zu koppeln?
Die Antwort dazu lautete:
Die Bestimmung des § 6 Abs. 2b des Schulpflichtgesetzes 1985 definiert die "Schulreife"
und stellt dabei auf "körperliche oder geistige Überforderung" ab.
Eine Interpretation des § 6 Abs. 2b des Schulpflichtgesetzes 1985, wonach Kinder
mit mangelnden Deutschkenntnissen "geistig überfordert" wären, dem
Unterricht in der ersten Klasse zu folgen, und aus diesem Grund nicht schulreif
wären, ist im Licht der klaren Regelung des § 4 Abs. 2 des Schulunterrichtsgesetzes
nicht zulässig.
Das bedeutet in der Praxis: SchülerInnen, welche die
deutsche Sprache gar nicht oder unzureichend verstehen und sprechen, sind nicht
überfordert, wenn sie deutschsprachig unterrichtet werden. Was vielleicht
sogar stimmt: sie brauchen dann vielleicht ja gar nicht zuzuhören, weil sie
sowieso nix verstehen. Diese Schülergruppe bekommt den Status außerordentliche
Schülerinnen und Schüler, der bis zu zwei Jahren andauernd kann, dafür gibt
es nur eine Schulbestätigung, aber kein Zeugnis. Das heißt, diese Gruppe verscheißt
bis zu zwei Jahren ihrer Schulzeit sinnlos, statt vom regulären Schulbesuch
zurückgestellt und einem verbindlichen und verpflichtenden Deutschunterricht
zugeführt zu werden. Im Schuljahr 2011/12 gab es in Österreich in den ersten
Klassen 10.230 davon Betroffene und insgesamt in allen Schulstufen 24.449.
Auf
die Frage nach den Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund gab es
diese Antwort: "In der Bildungsdokumentation sind weder Informationen
über den "Migrationshintergrund" der Schülerinnen und Schüler verfügbar
noch erfolgt im Rahmen der Erhebungen gemäß Bildungsdokumentationsgesetz eine
Frage nach den Kenntnissen der Unterrichtssprache Deutsch. Es erfolgt auch keine
Frage danach, ob und aus welchen Gründen eine Schülerin oder ein Schüler gegebenenfalls
nicht altersgemäß eingestuft wurde. Es können daher auch keine diesbezüglichen
Statistiken zur Verfügung gestellt werden."
Man weiß also, dass
es Probleme gibt, man ordnet diese Probleme zaghaft dem Migrationsbereich zu,
aber weigert sich, der Sache auf den Grund zu gehen. Eine Erhebung der Sprachmängel
nach Herkunft ist vermutlich politisch nicht korrekt. Da man über die Sprachprobleme
somit offiziell gar nichts wissen kann, vermag man dagegen auch nichts zu unternehmen
und das Sinken der Schulbildung ist daher Schicksal, aber politisch korrekt
abgewickelt.
Man müsste an sich vermuten, dass den Ursachen nachgegangen
wird, dass Sprachprobleme konkretisiert werden: woher kommen die Eltern,
wie lange sind sie in Österreich, wie gut/schlecht sprechen sie deutsch, was
kann man tun, um solche Probleme abzubauen? Aber so eine Vorgangsweise wäre
vermutlich politisch nicht korrekt, weil dadurch würden Personen mit Sprachhandicap
diskriminiert. Oder so irgendwie.
Vor längerer Zeit hatte auf einer Veranstaltung
ein Referent gemeint, Sprachprobleme könnten nicht an der Herkunft liegen, weil
z.B. türkische Einwanderer in Kanada diesbezüglich keine Probleme hätten, also
läge es wohl an den sozialen Verhältnissen und an den Einwanderungsländern.
Ich habe zufällig in der Verwandtschaft und auch unter ehemaligen
Arbeitskollegen Auswanderer nach Kanada. Grundbedingung für die Einwanderung nach Kanada war für diese
in den 1970er-Jahren: Verheiratet, berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten und/oder
ausreichende finanzielle Mittel, für die ganze Familie die ausreichende Kenntnis
der englischen (oder in Quebec der französischen) Sprache. Wo und wie die Sprache
erlernt wird, ist den Kanadiern völlig egal, das ist alleinige Sache des Einwanderungswilligen.
Verheiratet muss man heute meines Wissens nicht mehr sein (damals herrschte
starker Männerüberschuss), aber beruflich qualifiziert oder gut bemittelt und
sprachsicher. Bisher wurde das Einwanderungsland Kanada nirgendwo wegen seiner
strikten Regelungen gemaßregelt.
Es soll hier gar nicht verlangt werden,
die sehr strikten Regelungen der klassischen Einwanderungsländer einzuführen,
aber ganz regellos geht's eben nicht. Und noch weniger geht es, auf Probleme
im Migrationsbereich nicht oder falsch zu reagieren. Es wird der Republik Österreich
nix anderes übrig bleiben, als die konkreten Ursachen zu ermitteln und konkrete
Maßnamen zur Behebung der Probleme zu setzen. In Deutschland weiß man inzwischen:
es gibt einen Zusammenhang ziwschen muslismischen Traditionen und Bildungsferne.
Bewältigt hat man die Schwierigkeiten auch dort nicht, weil es politisch unkorrekt
ist, nicht alle Systeme als völlig gleichwertig anzusehen, dadurch wird Bildungsferne
praktisch zu einem gesicherten Grundrecht.
Nachtrag
vom 13.12.: In den OÖN folgte am 13.12. ein Artikel mit der Überschrift
"Wie die Herkunft über den Schulerfolg entscheidet". Dort wurde aufgelistet,
dass es auch in der indigenen Bevölkerung Bildungsunterschiede gibt, Kinder
aus bildungsnahen Kreisen bessere Schulerfolge haben als solche aus bildungsfernen.
Das ist sicherlich keine Überraschung. Wenig überraschend dürfte es auch sein,
dass im Migrantenbereich Bildungsnähe nicht das dominierende Merkmal ist, wie
die Abbildung rechts aus den ÖON zeigt. Die Zahlen sprechen für sich. Aber nicht
erst jetzt. Warum hat sich über viele Jahre praktisch niemand ernsthaft mit
dieser Problematik befasst? Weil diese Schwierigkeiten nicht wahr sein durften?
Weil Migranten durch eine Befassung damit diskriminiert würden? Und dagegen
hilft es, wegzuschauen, Bildungsprobleme zu ignorieren und daraus folgend berufliche
Minderqualifikationen zu züchten? Und das ist dann besser und gerechter?