Papst Benedikt XVI. hat anlässlich des Jahrs des Glaubens und des 50-jährigen
Jubiläums der Eröffnung des 2. Vatikanischen Konzils dazu aufgerufen, die Konzilstexte
nochmals aufmerksam zu lesen. Wir dokumentieren als Beitrag zu diesem Wunsch
des Heiligen Vaters jeweils thematisch ausgesuchte Texte in der offiziellen
deutschen Version des Heiligen Stuhls.
Über den Atheismus:
Der
moderne Atheismus stellt sich oft auch in systematischer Form dar, die, außer
anderen Ursachen, das Streben nach menschlicher Autonomie so weit treibt, dass
er Widerstände gegen jedwede Abhängigkeit von Gott schafft. Die Bekenner dieses
Atheismus behaupten, die Freiheit bestehe darin, dass der Mensch sich selbst
Ziel und einziger Gestalter und Schöpfer seiner eigenen Geschichte sei. Das
aber, so behaupten sie, sei unvereinbar mit der Anerkennung des Herrn, des Urhebers
und Ziels aller Wirklichkeit, oder mache wenigstens eine solche Bejahung völlig
überflüssig.
Diese Lehre kann begünstigt werden durch das Erlebnis der Macht,
das der heutige technische Fortschritt dem Menschen gibt. Unter den Formen des
heutigen Atheismus darf jene nicht übergangen werden, die die Befreiung des
Menschen vor allem von seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Befreiung
erwartet. Er behauptet, dass dieser Befreiung die Religion ihrer Natur nach
im Wege stehe, insofern sie die Hoffnung des Menschen auf ein künftiges und
trügerisches Leben richte und ihn dadurch vom Aufbau der irdischen Gesellschaft
abschrecke.
Daher bekämpfen die Anhänger dieser Lehre, wo sie zur staatlichen
Macht kommen, die Religion heftig und breiten den Atheismus aus, auch unter
Verwendung, vor allem in der Erziehung der Jugend, jener Mittel der Pression,
die der öffentlichen Gewalt zur Verfügung stehen.
Die Kirche kann, in Treue
zu Gott wie zu den Menschen, nicht anders, als voll Schmerz jene verderblichen
Lehren und Maßnahmen, die der Vernunft und der allgemein menschlichen Erfahrung
widersprechen und den Menschen seiner angeborenen Größe entfremden, mit aller
Festigkeit zu verurteilen, wie sie sie auch bisher verurteilt hat.
Jedoch
sucht die Kirche die tiefer in der atheistischen Mentalität liegenden Gründe
für die Leugnung Gottes zu erfassen und ist im Bewusstsein vom Gewicht der Fragen,
die der Atheismus aufgibt, wie auch um der Liebe zu allen Menschen willen der
Meinung, dass diese Gründe ernst und gründlicher geprüft werden müssen. Die
Kirche hält daran fest, dass die Anerkennung Gottes der Würde des Menschen keineswegs
widerstreitet, da diese Würde eben in Gott selbst gründet und vollendet wird.
Denn der Mensch ist vom Schöpfergott mit Vernunft und Freiheit als Wesen der
Gemeinschaft geschaffen; vor allem aber ist er als dessen Kind zur eigentlichen
Gemeinschaft mit Gott und zur Teilnahme an dessen eigener Seligkeit berufen.
Außerdem lehrt die Kirche, dass durch die eschatologische Hoffnung die Bedeutung
der irdischen Aufgaben nicht gemindert wird, dass vielmehr ihre Erfüllung durch
neue Motive unterbaut wird.
Der letzte Absatz ist wunderschön. Weil da begründen sich wieder einmal
Gott und Mensch gegenseitig, während Atheisten Gott leugnen wie ein Tatverdächtiger
eine Straftat. Davon ausgehen, dass Atheisten die Welt ohne Gott erkennen
und in ihr ohne Gott leben können, darf ein Theologe gar nicht. Weil allein
schon wenn er diese Möglichkeit auch nur respektierte, grübe es den Boden seines
Glaubens ab. Die Menschen sind nicht von Gott abhängig, Gott ist von den Menschen
abhängig, sie formen ihn nach ihrem Ebenbild, wie schon Xenophanes von Kolophon
(ca. 570 bis 470 v.u.Z.) schrieb: "Die Äthiopier behaupten, ihre Götter
seien stumpfnasig und schwarz, die Thraker, blauäugig und rothaarig. Wenn die
Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus".
Was ja gerade
in heutigen Zeiten völlig augenfällig ist: Solange das Leben unter autoritären
Herrschern der Normalfall war, war Gott vor allem ein allmächtiger und sehr
autoritärer Herrscher, inzwischen ist er populistisch-demokratisch geworden
und sogar zum Erfinder der Menschenrechte aufgestiegen, die er durch Jahrhunderte
entschieden bekämpft hatte. Selbst seine Lieblingstätigkeit, das Verdammen,
dem Gott durch die Jahrhunderte mit größtem Eifer nachgegangen ist, darf er
heute kaum noch ausüben, er wurde zum Händler von Liebe und Grießschmarrn umgemodelt,
ja man muss sagen: als solcher neu geschöpft. Denn die Liebe zu allen Menschen
ist seit dem 2. Vatikanum die große Frage, die von den Atheisten aufgeben wurde
und die von den Katholiken Tag für Tag ununterbrochen betrieben wird. Solang's
die Krankenkasse zahlt und es die Kirche nix kostet.
Insgesamt ist
es jedenfalls für katholische Kleriker nicht statthaft, zu akzeptieren, dass
die Menschen Urheber und Ziel von Wirklichkeit sind, weil wenn man das anerkennt,
würden die Kleriker arbeitslos und könnten das "Opium des Volkes"
nimmer verkaufen. Aber die diesbezüglichen Geschäfte gehen sowieso immer schlechter
und auch die Konkurrenz wird immer mehr. Früher hat's das nicht gegeben, Scheißreligionsfreiheit.