In seiner Sonntagspredigt in der Kronenzeitung am 13.1.2013 verkündet
Kardinal Schönborn dieselben Zahlen, die er anlässlich der Bekanntgabe der Kirchenaustrittszahlen
aus dem religiösen und nichtreligiösen Bereich verbreitet hatte. Aber die
Kronenzeitung hat mehr Leser als seine Presseaussendungen, darum hier ein näherer
Komemntar dazu.
Schönborn fängt so an: "Wenn man Statistiken
trauen kann, so wünschen sich 80 Prozent der Österreicher, dass Österreich 'ein
christliches Land' bleibt."
Das ist keine Statistik, sondern war
eine IMAS-Umfrage vom März 2011. Die Fragestellung wird von vielen Befragten
wohl islamophobisch verstanden worden sein, also bei der Frage, ist Österreich
ein christliches Land und soll es eins bleiben, an ein säkulares Land gar nicht
gedacht, sondern eine weitere Zunahme des Islamismus befürchtet haben. Wie sehr
das Ergebnis von Umfragen von der Fragestellung abhängt, sieht man ja auch beim
Atheismus in Österreich, der umfragemäßig in den letzten Jahren Werte von 12,
17, 28 und 41 Prozent bekam. Solche unterschiedliche Ergebnisse bekommt
man schon dadurch, ob man Agnostiker extra rechnet oder nicht.
Weiters
nennt Schönborn wieder 78 % der Bevölkerung als Mitglieder von christlichen
Kirchen. Es sind mit allen Kleingruppen 70 bis 72 %. Zu den 78 % kann man
bei weitem nicht einmal kommen, wenn man die völlig überzogenen Behauptungen
der serbisch-orthodoxen Kirche akzeptiert, die bei der Volkszählung 2001 auf
ca. 180.000 Nennungen kam und sich seither verdoppelt haben will, weil man einfach
eine geschätzte Zahl aller in Österreich lebenden Serben als Mitglieder vereinnahmen
will, obwohl nur ein Teil tatsächlich registriert ist.
Dann fragt
sich Schönborn auch noch, "warum wollen erstaunlich viele Eltern, die
selber aus der Kirche ausgetreten sind, für ihre Kinder die Taufe? Und was bewegt
von Jahr zu Jahr mehr ungetaufte Erwachsene, für sich von der Kirche die Taufe
zu erbitten?"
2006 erlitten 254 Personen die Erwachsenentaufe, 2009
waren es 253 und 2011 nur noch 237 - eine enorme Steigerung! Und zur
Taufe von Kindern von ausgetretenen Eltern? Da kommt Schönborn natürlich
nicht auf den wirklichen Hintergrund: Einmal abgesehen von familiären Umständen,
wie z.B. religiöse Omas, haben diese Leute unklare Vorstellungen über das Ausmaß
des Säkularismus in Österreich und fürchten sich davor, religionsfreie Kinder
wären Außenseiter, speziell hat man Angst, diese Kinder würden in der Schule
benachteiligt, die Motivation für die Taufe ist also überwiegend die Angst
vor vermuteten oder tatsächlich noch vorhandenen klerikalfaschistischen Strukturen.
Die
dümmsten der Meldungen ist jedoch Oberbischofs Schönborn freche Behauptung,
es gäbe in Österreich nur 12 Prozent Konfessionslose. Diese Zahl war im
Jahre 2001 richtig, damals wurden die Konfessionslosen letztmalig amtlich gezählt.
Von 8.032.926 Einwohnern waren damals 963.263 konfessionslos, das sind 11,9
%, weitere 160.662 verweigerten die Antwort auf das Religionsbekenntnis (2 %).
Seither sind alleine 521.363 Katholiken ausgetreten und offenbar spurlos verschwunden
(hat sie der Teufel geholt?), weil seit 2001 hat beim Herrn Kardinal keine Zunahme
der Konfessionslosen mehr stattgefunden. Wenn man jetzt nur die Konfessionslosen
von 2001, die Nichtdeklarierten (das werden ja wohl kaum Geheimkatholiken sein)
und die Austreter bis heute summiert und auf die heutige Einwohnerzahl von 8.430.558
rechnet, dann wären das 19,5 %! Da klarerweise sowohl ein Sterbeüberschuss dazukommt,
als auch die seither eingewanderten rund 400.000 nicht lauter Konfessionäre
gewesen sein werden, kann man gut und gerne von deutlich mehr als zwanzig
Prozent Konfessionslosen ausgehen. Rechnet man nur die Personen, die eingetragene
Mitglieder in einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft sind, dann bleiben
sicherlich weit über zwei Millionen Menschen, die keiner Religionsgemeinschaft
angehören, allein schon von den behaupteten 530.000 Muslimen in Österreich sind
400.000 nicht Mitglieder der "Islamitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich",
die als einzige in diesem Bereich staatlich anerkannt ist.
Man muss
jetzt nicht behaupten, das katholische Kirchenoberhaupt in Österreich lüge vorsätzlich,
Schönborn nimmt eben die Zahlen, wie sie am günstigsten verwendet werden können
und redet auch sonst alles schön. Wie das o.a. Beispiel von den angeblich steigenden
Zahlen von Erwachsenentaufen, da haben doch die Zeugen Jehovas sicherlich mehr.
Und
zum Abschluss aus der Umfrage vom April 2012 (siehe dazu Info Nr.
823):
Demnach glauben nur noch 40 %, dass es ein Leben nach dem Tode
gäbe, dass Engel existierten, 34 %, dass Jesus von den Toten auferstanden sei,
30 %, dass es Seelenwanderung und Wiedergeburten gäbe, 23 %, dass Gläubige von
den Toten auferständen, 16 %, dass die Welt besser wäre, wenn alle religiös
wären, 8 %, dass die Lehrmeinung des Papstes für Christen verbindlich sei, 6
% und dass es eine Hölle gäbe, in der man bestraft würde, 2 %. Eine Reihe
von esoterischen Dingen blühen dazu noch mitten unter den christlichen.
Schönborns
Christenlehre scheint eher was Unglaubliches zu sein. Und meine Zahlenschauflerei
fühlbar realistischer als die seine!