Dass Kardinal Schönborn nicht direkt ein Kämpfernatur ist, dürfte keine
Neuigkeit sein. Bevor er konkret seinen Blick auf ein Geschehen richtet, schaut
er lieber zu Boden und vor allem in den Himmel. Damit es nachher nicht heißt,
er habe so oder so gesagt, sagt er meistens nicht so oder so. Manchmal schießt
sein Mut allerdings über und er sagt Konkretes zu einem konkreten Geschehen.
Das
ist ihm jüngst passiert. Zuerst wies er HC Strache, den großen FPÖ-Kämpfer
für ein "Abendland in Christenhand" zurecht, weil dieser im Zusammenhang
mit der Besetzung der Wiener Votivkirche durch abgewiesene Asylwerber Plakate
mit dem Slogan "Asylbetrug ist Unrecht" fabrizieren hatte lassen (siehe
Info Nr. 1255). Dann wechselte Schönborn gut eine
Woche später die Richtung und attackierte die Inszenatoren der Kirchenbesetzung
(siehe Info Nr. 1272).
Zwei Tage später erschien ihm das auch nicht ganz gelungen zu sein und
Schönborn distanzierte sich von Schönborn. Na, das auch nicht, bloß das
Publikum hätte ihn falsch verstanden! Denn FPÖ-Chef Strache hatte ihn gelobt
und ihm für seine "klaren Worte" gedankt. Und einen Dank vom Strache,
der für ein "Abendland in Christenhand" kämpft, ist dem Schönborn
sichtlich peinlich. Die Meldung "heftige Kritik an jenen Aktivisten, "die
die Not der Flüchtlinge in der Votivkirche für ihre Ideologie missbrauchen",
musste angepasst werden.
trotz
seines Christenkampfes und seiner Kreuzesliebe ist der Strache dem Schönborn
irgendwie doch nicht ganz recht
Kathpress vom 29.1.2013: "Die
Sorge der Erzdiözese Wien gilt weiterhin den Flüchtlingen in der Votivkirche.
Sie hält das Kirchenasyl für sie aufrecht. Gleichzeitig laufen Gespräche, um
die Flüchtlinge zu bewegen, in ein anderes kirchliches Gebäude der Nachbarschaft
zu übersiedeln, wo sie auch den Schutz der Kirche als Hausherr genießen würden,
aber bessere Lebensbedingungen vorfänden. Das hat die Erzdiözese am Dienstag
bekanntgegeben." Jetzt spricht nicht mehr Schönborn, sondern der Presssprecher
der Diözese. Und der zitiert Schönborn unverfänglich: Mehrmals schon habe Kardinal
Christoph Schönborn deutlich gemacht, "dass Zurufe von außen, die das Flüchtlingsthema
für politische Ziele missbrauchen, ein zynisches Spiel mit Menschen sind - egal,
ob sie von links oder rechts kommen."
In der Zeit im Bild 2 vom
29.1. kommen dann auch die angesprochenen Aktivisten zu Wort, es sind die
zu erwartenden Leute, man kennt diese Kategorie ja seit den Maoisten in den Siebzigerjahren,
Apostel, die sich selbst geschöpft und voll mit glühendem Glauben an ihre Mission
ausgesandt haben. Sie wissen ebenso sicher wie seinerzeit die Maoisten von der
baldigen Ankunft des Kommunismus überzeugt waren, dass sie mit ihrem Einsatz
demnächst alle Menschen der Erde zu Brüdern und Schwestern machen werden,
wenn's sein muss hier in Österreich. Eine Diskussion mit ihnen ist so sinnvoll
wie eine Diskussion mit Zeugen Jehovas, Piusbrüdern oder Salafisten. Denn sie
haben ja den Weg, die Wahrheit und das Leben.
Danksagungen wird ihnen
der FPÖ-Strache keine schicken, aber er wird sich still grinsend die Hände reiben
über die unfreiwillige, aber effektvolle Unterstützung seines Wahlprogramms,
er braucht nur mehr verkünden: Schluss mit Asylbetrug, Österreich den Österreichern
oder ähnlich Einfaches, aber gewohnt Wirkungsvolles. Aber die gesellschaftliche
Wirklichkeit werden die Menschheitsretter und unfreiwilligen FPÖ-Förderer nie
begreifen.
Schönborn
wird in der ZiB2 auch gefragt und drückt sich vor der Antwort, ob die Votivkirche geräumt
werden soll, wenn die Besetzung weitergeht. Konkret sagt er nur, dass er
für ein Arbeitsrecht von Asylwerbern ist, sonst arbeitet der Konjunktiv und
die Unverbindlichkeit. Er sagt nicht so und nicht so, damit es nicht heißt,
er habe so oder so gesagt. Wie gewohnt.
Allerdings beim Jesus bekommt
er dafür keine Gutpunkte, denn es steht geschrieben: "Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber
ist, das ist vom Übel". Und: "Du bist weder kalt noch heiß. Ach, wärst du doch das
eine oder das andere. Aber du bist lau, und deshalb werde ich dich ausspucken."