Asylantenvernichtung

Manchmal kann man auch in seriösen Zeitungen höchst seltsame Meldungen lesen. Für die Ausgabe der Wiener Tageszeitung "Der Standard" vom 5.2.2013 verfasste die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz für die Rubrik "Kommentar der anderen" einen Kommentar, der sich mit der Besetzung der Wiener Votivkirche durch abgewiesene Asylanten befasste. Der Beitrag erhielt den Titel "Der Kardinal und der Blutrausch" und unterstellte der katholischen Kirche und der Republik Österreich allen Ernstes, die Vernichtung von Asylwerbern vorzubereiten.

Streeruwitz:
"Für die Personen in der Votivkirche geht es ums Leben. Ganz wörtlich so, weil diese Personen vollkommen von ihrer Umgebung abhängig sind. Deshalb wird jedes Wort und jede Handlung diesen Personen gegenüber zu einem Urteil. In sehr vielen Fällen hören und lesen wir dann gleich Todesurteile, wenn man diese Personen vertrieben wissen will. In den anonymen Postings zu der Situation in der Votivkirche findet sowieso wieder einmal ein verbaler Blutrausch statt. Vernichtungswille wird schamlos kundgetan. Die Hunde sind von den Ketten. Wieder einmal. Aber das ist kein Wunder. Die Personen in der Votivkirche sind ja verlassen. Die sind allein. Die sind schutzlos." Und: "Am Ende wird der Blutrausch in den Postings* erfüllt werden. Vernichtung. Aber. Weil es um das Leben dieser Personen geht. Und weil es in der EU darum geht, Internierungslager für Asylbewerber einzurichten. Und weil wir dann ganz legal wieder Lager haben dürfen und an einem Punkt angekommen sein werden, an dem wir doch dachten, dass der nie wieder möglich sein wird."
* Streeruwitz hatte einen Poster zu einem anderen Artikel zitiert: "Dann sollen sie eben weiter hungern, bis sie umfallen, es ist deren Entscheidung."

Mit ein bisschen Sinn für Realitäten könnte man wahrnehmen, dass beispielsweise Flüchtlinge aus Pakistan mit Hilfe von Schlepperbanden und falschen Versprechungen ihren Weg nach Europa einschlagen. Für die Zahlung des ganzen Geldes der ganzen Familie wird Auswanderungswilligen versprochen, sie nach Europa zu bringen, wo sie um politisches Asyl ansuchen könnten, dann hier arbeiten dürften, um von ihren guten Verdiensten ihren Familien zuhause vom europäischen Wohlstand was zukommen zu lassen. Dass die Versprechungen der Schlepperbanden dann doch nicht so in Erfüllung gehen, Asylansuchen durch den Instanzenzug abgelehnt werden und kein Asyl gewährt wird, ist für die Frau Streeruwitz kein rechtsstaatliches Geschehen, sondern die Vorbereitung zur Vernichtung, sie sieht bereits KZs für Asylwerber entstehen.

Als alter 68er erinnern mich solche KämpferInnen wie Streeruwitz immer wieder an die seinerzeitigen Maoisten, die ebenfalls entschlossen einen unabdingbaren Kampf führten: für die Befreiung der Arbeiterklasse und sich dabei schon an der Schwelle zur nächsten Oktoberrevolution wähnten. Aber letztlich war alles nur ein Wahn, der der Steigerung der eigenen Bedeutung, der Erzeugung großer und noch größerer ideologischer Helden der Revolution diente. Und als sicher war, dass man mit der Mao-Bibel die Arbeiterklasse nicht befreit, da resignierte ein Teil und ein anderer Teil rettete den Wald vorm Untergang. Und jetzt retten ähnlich gestrickte Fantasten das Flüchtlingswesen. Mit Geschrei und gegen die Interessen, Meinungen und Möglichkeiten der überwältigenden Mehrheit der hiesigen Menschen. Denn wir wissen, eine beliebige Zuwanderung aus armen Weltgegenden in gut situierte, ist undurchführbar.

Letztlich helfen solche Forderungen real nur den Rechtspopulisten, die sich hohnlachend so törichte Ansichten, wie negative Asylbescheide wären eine Art von Todesurteilen, für ihre Propaganda zunutze machen können.