.. gab am 22.2.2013 Bert Brandstetter, Präsident der Katholischen Aktion Oberösterreich, in den OÖNachrichten ab. Und wie bei Brandstetter gewohnt, war er dabei nicht ganz auf Kirchenlinie, aber er missachtete auch die Realität!
Lieber neuer Papst, nimm Dir ein Beispiel ...
Wie spricht man jemanden
korrekt an, den die Welt als Eure Heiligkeit, Heiliger Vater oder gar als Stellvertreter
Christi auf Erden bezeichnet: Darf man zu einem Vater, auch wenn er heilig ist,
"Du" sagen, bietet sich das früher gebräuchliche "Ihr" an
oder einfach "Sie"? Weil der Adressat im Moment ja noch anonym ist,
er aber demnächst auch mein Heiliger Vater sein wird, nehme ich mir die Freiheit,
ihn respektvoll mit "Du" anzusprechen.
Also: Lieber neuer Papst,
nimm Dir ein Beispiel an dem, den Du auf Erden vertreten sollst. Vor ihm sind
alle Menschen gleich an Würde und Rechten, Männer UND Frauen. Lass
die Hälfte Deiner Katholiken nicht links liegen, sondern spann sie ein in
Deinen Dienst genauso wie das bei den Männern üblich ist, solange sie noch wollen.
Einwurf
Nr.1: Dass vorm Jesus "alle Menschen gleich
an Würde und Rechten" wären, ist eine Bibelverfälschung. Unsereiner
wäre als Atheist zum Beispiel beim Jesus ohne Rechte und Würde, solcherne
Leute wie wir würden vom bösen Jesus ins ewige Feuer geworfen (siehe z.B. Mt.
7,19, Mt. 10, 28, Mt. 13, 41-42, Mt. 25,41, Lk. 12,5, Röm 5,16 u.a.m.) und dort
in Ewigkeit recht- und würdelos gefoltert. Mir macht das zwar nix, weil ich
fürchte mich auch nicht, vom Krampus in die Kraxn gesteckt zu werden, aber dem
bösen Jesus braucht auch der Brandstetter keine Gesinnung nachzureden, die in
der Bibel nicht geschrieben steht.
Achja, das mit den Frauen steht auch
in der Bibel: Kirchengründer Paulus hat das verfügt: 1. Kor14, 33-34: "Wie
es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in der Versammlung
schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden. Sie sollen sich unterordnen,
wie auch das Gesetz es fordert." Sowas kann man nicht bloß 2000 Jahre später
einfach abschaffen! Vielleicht nach 3000 Jahren?
Lieber Heiliger
Vater, nimm Dir ein Beispiel daran, was Jesus in Sachen Barmherzigkeit getan
hat. Ich glaube nicht, dass er mit Leuten, deren Ehen gescheitert sind, so
hartherzig umgegangen wäre, wie es Deine Vorgänger praktiziert haben. Apropos:
Wenn es stimmt, dass sein größtes Gebot das der Liebe ist, dann würde sich auch
ein Blick auf die geltende Sexualmoral unserer Kirche anbieten.
Einwurf
Nr.2: Der böse Jesus hat die Ehescheidung
verboten und die Kastration für Ehelose empfohlen, siehe Mt. 19,8-12. Erlaubt
hat er allerdings die Ehescheidung bei "Unzucht" (Mt.19,9), das hat
die kath. Kirche unterschlagen. Der päpstliche Blick auf die katholische Sexualmoral
brächte nicht viel, weil der allergrößte Teil der eingeschriebenen Katholiken
ignoriert diese Moral sowieso tagtäglich.
Lieber künftiger Papst,
glaube nur nicht, Du könntest eine Milliarde Menschen alleine regieren.
Nimm Dir ein Beispiel an Papst Johannes XXIII., der gesagt hat: "Johannes,
nimm dich nicht so wichtig." Am Gescheitesten ist es, Du hilfst Deiner
Kirche, sich selbst zu regieren. Nimm Dir ein Beispiel an gesunden Wiesen, wo
Blumen friedlich nebeneinander blühen.
Einwurf
Nr.3: Lieber Brandstetter, der Papst regiert
nicht eine Milliarde Leute, der regiert ein paar hunderttausend, die so endlich
gestrickt sind wie der Ratzinger. Die katholische Kirche dem religiösen
Wildwuchs zu überlassen, ist risikoreich. Weil einem großen Teil wäre es egal
und die es interessiert, würden sektiererische Fraktionskämpfe aufführen wie
die Trotzkisten. Aber es wäre trotzdem eine gute Idee, weil es schadete der
Macht der katholischen Kirche sicherlich enorm.
Lieber Herr
Papst, nimm Dir auch ein Beispiel an Führern anderer Religionen: Predige weniger
Dogmen, Zucht und Ordnung, sondern Freude, Hoffnung und Zuversicht. Einem
vatikanischen Zuchtmeister laufen die Leute davon.
Einwurf
Nr.4: Umgekehrt: einem vatikanischen Zuchtmeister
laufen die Leute etwas weniger davon, als einem religiösen Freudenkasperl,
der nur von Wonne und Waschtrog redet, drohungsfreie religiöse Freude, Hoffnung
und Zuversicht bindet nicht, verpflichtet nicht und fördert die Religionsfreiheit
als Freiheit von Religion. Strenge Regeln und vor allem Gottesfurcht binden
besser. Aber ein neuer freudiger Papst wäre sicher nützlich, weil dann
treten die Katholiken auch so leicht aus wie die Protestanten.
Lieber
Heiliger Vater, der Religionen gibt es viele auf der Welt und wer weiß schon,
welche die richtige ist. Keine besitzt die ganze Wahrheit. Aber miteinander
sind wir auf dem Weg dorthin. Nimm Dir ein Beispiel an Eltern. Sie fahren immer
gut damit, das Gemeinsame ihres Nachwuchses zu betonen, als sich auf die Verschiedenheiten
zu konzentrieren. Vergleiche sind oft ungerecht. Wenn es aber stimmt, dass Gott
alle Menschen liebt, wird er das wohl nicht nur auf Katholiken beziehen.
Einwurf
Nr.5: Das ist gut beobachtet, keine Religion
besitzt die ganze Wahrheit. Präzise formuliert: keine Religion besitzt irgendeine
Wahrheit, alles bloßer Tand aus Menschenhand. Kein Gott liebt alle Menschen.
Weil kein Gott existiert und Menschen, die sich von Gott geliebt fühlen, folgen
einem Hirngespinst.
Lieber künftiger Papst, ich wünsche mir, Dich als einen Mann zum Angreifen.
Einen, der weder konservativ noch progressiv ist, sondern als einen, der in
der Mitte steht und den alle akzeptieren können. Und wenn Du auch die päpstliche
Kleiderkammer durchforstest und alles ausmustert, was wirklich nicht mehr in
unsere Zeit passt (von komischen Mützen angefangen bis zu lächerlichen roten
Schuhen), dann kann schon nicht mehr so viel passieren.
Einwurf
Nr.6: Wie sich ein Kleriker kostümiert, das
ist nicht die Sorge von unsereinem. Aber ein lustig-mittelalterlich angezogener
Papst hat schon auch einen gewissen Unterhaltungswert. Und man sieht die Lächerlichkeit
seiner Institution viel deutlicher. Was soll schon passieren durch einen neuen
Papst? Die Welt dreht sich weiter, die Religionen spielen in den aufgeklärten
und säkularen Gegenden
keine besondere Rolle mehr - unabhängig von Kostümierungen und Meinungen von Klerikern.
Das ist gut und nicht schlecht und wird auch
so unter einem neuen Papst weitergehen. Irgendwie schade eigentlich, dass sich
all diese Kirchenreformer um eine so sinnlose Sache so eifrig abmühen. Sie
könnten sich um sinnvollere Reformen bemühen. Z.B. um die SPÖ oder den ÖGB,
damit die arbeitenden Menschen wieder eine Interessenvertretung auf Erden bekommen,
statt von den christlichen Parteien und den Konzernen eine im Himmel.