Hier die Stellungnahme vom 23.4.2013 von Kardinal Christoph Schönborn
zum gescheiterten Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien:
Erstmals hat
in Österreich mit dem "Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien" eine
Abstimmung über den Stellenwert von Kirchen und Religionen in der Öffentlichkeit
und über das rechtliche Verhältnis von Staat und Glaubensgemeinschaften stattgefunden.
Mit 56.660 Unterschriften ist das Ergebnis sehr deutlich ausgefallen: Die allermeisten
Österreicherinnen und Österreicher schätzen die Religionsgemeinschaften, ihre
Leistungen für die Allgemeinheit und die für beide Seiten angemessene Art der
Behandlung der Religionen durch den Staat.
Die katholische Kirche in Österreich
freut sich über das Ergebnis - es ist ein deutliches Votum für die bewährte
Zusammenarbeit von Staat und Kirche in Österreich bei gleichzeitiger institutioneller
Trennung. Die "freie Kirche in einem freien Staat" wird offenbar von
den allermeisten bejaht - als ein Modell für das friedliche Miteinander in der
Gesellschaft.
Ich freue mich auch, dass die Diskussionen rund um das Volksbegehren
wieder deutlich gemacht haben, wie viele Leistungen die Kirche für Soziales,
Bildung, Kultur und den Zusammenhalt in der Gesellschaft laufend erbringt. Unseriöse
Behauptungen und einseitige Darstellungen über die Kirchen und Religionsgemeinschaften
wurden als solche von den meisten durchschaut. Leider hat sich daher aus dem
Volksbegehren noch nicht eine nötige sachliche Diskussion über die Rolle von
Religion im öffentlichen Raum ergeben.
Für die katholische Kirche gilt in
jedem Fall zweierlei: Wir setzen den eingeschlagenen Weg gegen Missbrauch und
Gewalt in den eigenen Reihen entschlossen fort. Das heißt: Schutz für die anvertrauten
Kinder, Hilfe für Opfer und Konsequenzen für Täter. Und als Zweites gilt es
auf die Ursachen des hier zum Ausdruck gekommenen Unbehagens mit der Kirche
und der Religion zu blicken. Das Zweite Vatikanische Konzil hat zu Recht darauf
hingewiesen, dass dieses auch eine Reaktion auf Fehler der Kirche und der Gläubigen
sein kann. Daher bleibt der ehrliche und aufmerksame Dialog mit Andersdenkenden
und Kritikern Aufgabe aller in der Kirche.
In sein Triumphgeheul baut Schönborn seine kirchlichen Märchen ein:
Die
Diskussion habe deutlich gemacht, "wie viele Leistungen die Kirche für
Soziales, Bildung, Kultur und den Zusammenhalt in der Gesellschaft laufend erbringt".
Deutlich wurde das eher nicht, es scheint nur so, weil seitens der Volksbegehrensbetreiber
des öfteren sehr undeutlich argumentiert wurde. Für Soziales gibt der Staat
das Geld, die katholische Kirche ist mit zwei Prozent daran beteiligt (Caritas),
bei den Spitälern zahlt allein der Staat. Am Bildungssektor bietet die kath.
Kirche Privatschulen für die besseren Kreise, die dem staatlich inszenierten
Chaos in vielen öffentlichen Schulen entfliehen wollen: die Lehrer zahlt dort
auch der Staat, alles andere zahlen die Eltern, die kirchlichen Kosten für die
Bildung in kirchlichen Schulen bewegen sich im Nullerbereich. Wo Leistungen
für den Zusammenhalt der Gesellschaft sein sollen, ist nicht identifizierbar.
Vielleicht in der FPÖ-Forderung "Abendland in Christenhand"?
Die
bereits angeführte (siehe Info Nr. 1.399) partiell
ungeschickte Argumentation zum Volksbegehren hat der katholischen Kirche offenbar
geholfen. Eine sachliche Diskussion über die Rolle der Kirche im öffentlichen
Raum wäre jedoch eine gute Idee! Zum Beispiel: Warum erhält die Kirche immer
noch Entschädigungen für den Religionsfond, der praktisch längst pleite war,
als die Nazis ihn durch den Kirchenbeitrag ersetzten? Warum werden die Kinder
auf Staatskosten in Religion unterrichtet und nicht auf Kirchenkosten? Warum
kann man den Kirchenbeitrag von der Steuer abschreiben, aber nicht den Mitgliedsbeitrag
beim Freidenkerbund oder beim Fußballverein? Warum hängen in Kindergärten, Schulen,
Krankenhäusern und Gerichtssälen Kreuze? Wieso keine Bundesadler in den Kirchen?
Warum geht's diesbezüglich nicht nach dem biblischen Prinzip gemäß Mt22,21,
"gebt Gott was Gottes ist und dem Kaiser was des Kaisers ist"?
Missbrauch: Konsequenzen für die Täter? Bisher ist keiner verurteilt worden, wenn sich die Kirche auf Verjährung beruft, obwohl durch das traditionelle Vertuschen keine Einzeltaten, sondern fortgesetzte Handlungen vorlagen, die eigentlich die Verjährung aufheben müssten.
Das Unbehagen mit der Religion bewegt -wie man am gescheiterten Volksbegehren sehen konnte -nur einen kleinen Teil der Bevölkerung. Was den Kirchen langfristig schadet, ist der Mangel an Religionssucht, immer mehr Menschen wird die Religion egal, laut Umfrage von 2012 glauben 39 Prozent der Unterdreißigjährigen nicht mehr an Götter. Und dagegen hilft kein Dialog. Diesen Schlusssatz kann man auch am 23.4.2013 mit einer gewissen Freude niederschreiben, weil der gleicht stimmungsmäßig das vermurkste Volksbegehren zumindest etwas aus!