Wie idea.de, eine evangelikale Site, am 13.5.2013 berichtete, hat eine Umfrage
vom April des Instituts Harris Interactice erbracht, dass sich 44 % der Deutschen
in ihrem Verhalten am sozialen Umfeld orientieren, 24 % an humanistischen Werten,
4 % an den zehn Geboten, 3 % an den Gesetzen (woran sich die restlichen 25 %
orientieren, wurde nicht mitgeteilt).
Der Topf, aus dem die Agnostiker
geschöpft werden, ist tief: 62 % glauben nicht, dass Menschen erkennen können,
ob es Gott gibt oder nicht. Vielleicht sollten diese Leute einmal überlegen,
dass sie ja auch nicht erkennen können, ob's den Osterhasen, den Yeti und das
Ungeheuer von Loch Ness gibt.
Immerhin glauben 54 %, es gäbe Gott,
aber nur 21 % meinen, dieser Gott greife ins Geschehen ein. Was für die
organisierten Religionen ein Alarmzeichen sein muss. Wenn nur etwas mehr als
die Hälfte der Leute überhaupt an Gott glaubt und dann 33 % der Bevölkerung
offenbar sogenannte "Deisten" sind, die also Göttliches im Zusammenhang
mit dem Ursprung des Universums oder mit den Naturgesetzen in Verbindung bringen,
aber mit keinem weiteren Eingreifen Gottes, dann haben die Kirchen mit ihren
konkreten Göttern ziemliche Probleme!
Der deistische Gottesglaubens hat nämlich
für die Religionsgemeinschaften den verteufelten Nachteil, dass irgendein höheres
Wesen oder Prinzip, das nicht als im Austausch mit den Menschen stehend gesehen
wird, keinerlei praktische religiöse Bedeutung hat: man kann so eine Gottheit
weder benamen, noch sie um etwas bitten und braucht selbstverständlich auch
für nichts danken. Deisten leben deshalb wie Atheisten, zwar nicht gottfrei,
aber gottlos.
Dem obigen Ergebnis widerspricht das Ergebnis der Frage,
ob es ein Leben nach dem Tod gebe. Hier sind nämlich 52 % überzeugt, sowas
gibt's. Um das zu den obigen 21 %, die an einen auf das Geschehen einwirkenden
Gott glauben, in Relation zu bringen, müssten 31 % Anhänger der "Seelenwanderung"
sein, weil Seelenwanderung bräuchte keinen eingreifenden Gott. Was nicht so
danebenliegen muss, 2012 hatten 23 % der diesbezüglich befragten Österreicher
einen Glauben an eine Seelenwanderung geäußert.
Aber es gibt noch weitere
Seltsamkeiten: 21 % glauben nur an einen handelnden Gott, aber 35 % an den
Erlöser Jesus Christus, 14 % der Jesus-Gläubigen erwarten also vom Jesus gar
nix. Und vor allem: um die 35 % der deutschen Bevölkerung sind ohne Bekenntnis,
65 % haben also ein religiöses Bekenntnis: aber wozu? Wenn nur 35 % an den
Jesus glauben, warum zahlen dann über 60 % Kirchensteuern oder Mitgliedsbeiträge
an christliche Religionsgemeinschaften? Da werden offenbar die Möglichkeiten
des Kirchenaustritts bei weitem nicht sinnvoll genutzt! Wenn fast die Hälfte
der Mitglieder christlicher Kirchen nicht an den Jesus glaubt: warum treten
diese Leute nicht aus? Damit die Oma nicht traurig ist? Weil der Chef im Kirchenchor
singt?
Jedenfalls liegen offenbar der vorhandene Glaube und die Zugehörigkeit
zu religiösen Gemeinschaften für beträchtliche Teile der deutschen Bevölkerung
- wie auch der österreichischen! - nicht auf derselben Ebene. Die Religionen
lehren was, die Leute glauben was - aber es ist sehr häufig nicht dasselbe.
Und je größer diese Diskrepanz wird, desto schwerer werden es die Kirchen haben.