Allah hat sich nicht gekümmert ..

.. nämlich um Ägypten! Fast hatte dort Allah schon seine islamistische Republik erreicht, aber jetzt schaut's wieder anders aus!

Dort hatten 2011 säkulare Massen die autoritäre Herrschaft Mubaraks beendet und versucht, eine demokratische ägyptische Republik zu errichten. Es hatte teilweise funktioniert, es gab freie Wahlen fürs Parlament und für das Amt des Präsidenten. Die säkularen Revolutionäre kandidierten voller Begeisterung in zahlreichen Parteien, die in der Mubarak-Zeit unterdrückten, aber gut organisierten Muslimbrüder konnten die neue Freiheit speziell am Land und unter den kaum gebildeten Schichten ausnutzen, Muslimbrüder und Salafisten erreichten bei den Wahlen um den Jahreswechsel 2011/12 siebzig Prozent der Parlamentssitze. Allah war groß!

Bei den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2012 hatte sich die Situation schon etwas geändert, die Islamisten hatten ihre großzügigen Wahlversprechungen nicht halten können. Im ersten Durchgang verteilten sich die Stimmen auf die fünf Kandidaten zwischen Islam und Säkularismus 42:56, aber im zweiten Durchgang war der Konkurrenzkandidat des Muslimbruder-Kandidaten Mursi ein Mubarak-Mann, der mit 48,3 % gegen 51,7 % Mursi-Stimmen unterlag.

Mursi ging nach Amtsantritt sofort daran, eine neue Verfassung - entgegen der vereinbarten Methode - ohne Zustimmung der säkularen Gruppen allein durch die islamistische Mehrheit durchzubringen. Ägypten schien sicher auf dem Weg zu einer islamischen Republik zu sein.

Aber die Unfähigkeit der Muslimbruder-Regierung und des Muslimbruder-Präsidenten bewegte die ägyptische Basis zunehmend: es wurde im Vergleich zu den Mubarak-Zeiten nicht nur nicht besser, sondern ständig schlechter. Den städtischen Volksmassen reichte es, sie setzten wieder auf dieselbe Methode, mit der man im Winter 2011 die Mubarak-Herrschaft weggebracht hatte. Mit Erfolg, wenn auch einstweilen einem indirekten.

Mursi war von den Demonstranten ein Ultimatum bis 3.7.2013, 17 Uhr gesetzt worden, das Militär hatte überraschend rasch nachgezogen und Mursi ebenfalls ein Ultimatum gesetzt, er solle den Forderungen, die von den Demonstranten gestellt worden waren, nachkommen. Mursi berief sich darauf, gewählter Präsident zu sein und verweigerte jeden Dialog. Das Militär griff zu, nahm Mursi und seine Mitarbeiter fest, ebenso die Führung der Muslimbrüder.

Danach demonstrierten die Mursi-Gegner in großen Massen begeistert, wie auf diesem Screenshot aus dem ZiB2-Bericht vom 3.7. zu sehen ist.


Die Islamisten drohen jetzt mit Widerstand, aber wie sich bei den Kundgebungen der letzten Tage zeigte, dürfte sich die Zahl der mobilisierbaren Anhänger in Grenzen halten. Allah hatte sich in den letzten Jahren wohl zuwenig um das Wohl der Ägypter gekümmert. Diverse westliche Politiker äußerten sich kritisch gegen den Eingriff des Militärs, als Mursi 2012 die jetzige Islam-Verfassung durchpresste, hatten sie jedoch den Mund gehalten.