Klage wegen Steuerfreiheit des Kirchenbeitrags

Die Initiative "Religion ist Privatsache" gibt am 21.8.2013 bekannt:

Kirchenbeitrag: Steuerliche Absetzbarkeit vor der Kippe?

Stellt die steuerliche Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages eine Verletzung der gebotenen weltanschaulichen Neutralität des Staates dar? Diese Frage sowie weitere, die Kernbereiche der österreichischen Verfassung berühren, wird der Österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) infolge einer Beschwerde zum "Kirchenparagraphen" des Einkommensteuergesetzes (§18 Abs.1 Z.5 EStG) beantworten müssen. Die Beschwerde wurde am vergangenen Freitag (16.8.2013) von Eytan Reif, dem Sprecher der "Initiative Religion ist Privatsache", gegen einen Bescheid des unabhängigen Finanzsenats eingebracht. Den Stein des Anstoßes, der letztlich zur Beschwerde geführt hat, bildete die Weigerung des Finanzamtes, einen im Jahr 2011 von Reif geleisteten Mitgliedsbeitrag an die "Initiative Religion ist Privatsache" als Sonderausgabe anzuerkennen.

Gleich mehrere Verletzungen von Verfassungsbestimmungen, die mit der ausschließlichen steuerlichen Begünstigung des Kirchenbeitrages einhergehen, prangert Reif in seiner Beschwerde an: Neben der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Artikel 7 des Bundesverfassungsgesetzes) sowie des Diskriminierungsverbots aufgrund der Weltanschauung ( Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention) ist die Regelung weder mit der in Österreich gewährten Religionsfreiheit noch mit geltendem EU-Recht in Einklang zu bringen. Detailliert geht die Beschwerde auch auf den willkürlichen Charakter der Gesetzesbestimmung ein. Ferner wird, unter Berufung auf kirchliche Informationen, dargelegt, dass die geleisteten Kirchenbeiträge überwiegend zur Finanzierung des kirchlichen Verwaltungsapparats und der Seelsorge dienen; eine sachliche Rechtfertigung für die ausschließlich weltanschaulich begründete steuerliche Privilegierung besserverdienender Christen kann somit nicht gegeben sein.

Die Beschwerde schließt sich somit thematisch auch die vom Rechnungshof geäußerte herbe Kritik an den Umgang sowohl des Gesetzgebers als auch der Verwaltung mit der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages nahtlos an. Das wichtigste Kontrollorgan der Republik hat in seinem diesjährigen Bericht "Transparenz von Begünstigungen im Einkommensteuerrecht" sowohl die Willkür als auch die mangelnden parlamentarischen Abläufe, von denen die wiederholten Anhebungen des Kirchenbeitrags-Absetzbetrages in den Jahren 2009 und 2011 beschlossenen gekennzeichnet waren, ungewohnt scharf kritisiert.

Nachdem im Vorjahr der Verfassungsgerichtshof geurteilt hat, dass die gesetzlich gewährte Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages primär den betroffenen Steuerpflichtigen und nicht den Religionsgemeinschaften zugute kommt, stellt sich für Reif nun nicht die Frage, OB der VfGH seiner Beschwerde stattgeben wird sondern WIE er den Verfassungsbruch beseitigen wird. "Während ich davon ausgehe, dass der VfGH diese unsachliche Privilegierung religiöser Steuerpflichtiger beseitigen wird, ist zu befürchten, dass er eine Minimallösung suchen wird, die den Wildwuchs der steuerlichen Sonderregelungen nur erweitern wird" gab Reif zu bedenken und fügte hinzu, dass er der Gesetzesbestimmung, sollte sie ersatzlos aufgehoben werden, "aus demokratiehygienischer Sicht sicher nicht nachtrauern wird, da es ohnehin nicht dem Staat zusteht, Einzelpersonen aufgrund ihrer -religiösen oder auch nicht-religiösen -Weltanschauung steuerlich unterschiedlich zu behandeln". Nach Reifs Sicht ist die Beschwerde zusätzlich dazu geeignet, einen demokratiepolitischen Beitrag zu leisten: "Es wird -oft zu Recht -bemängelt, dass kritische Berichte des Rechnungshofes hierzulande ignoriert werden. Die soeben eingebrachte Beschwerde liefert nun eine seltene Gelegenheit, Erkenntnisse des Rechnungshofes gerichtlich zum Durchbruch zu verhelfen".

Von der eingebrachten Beschwerde erhofft sich Reif zusätzlich einen wichtigen Impuls zur Belebung, des politischen Diskurses: "Verfahrensbedingt musste die Beschwerde gerade jetzt, unmittelbar vor den Wahlen, eingebracht werden. Dies ist ein glücklicher Zufall. Insbesondere jene Parteien, die in ihrem Parteiprogramm auf die Trennung von Staat und Kirche pochen, sollten jetzt ihre Stimme erheben und nicht dem politischen Opportunismus verfallen. Immerhin: weit weniger als ein Drittel der Wahlberechtigten macht derzeit von der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags Gebrauch, während die Allgemeinheit für den Steuerausfall von jährlich 120 Millionen Euro aufkommen muss".