Intelligent-Design-Debatte reanimiert

Publiziert am 22. November 2013 von Wilfried Müller auf http://www.wissenbloggt.de/

Der Deutschlandfunk hat das Thema Intelligent Design (Bild: Liftarn) wieder ausgegraben und machte am 18.11. unter dem Titel Suche nach dem Beweis für Gott (eine Sendung und) einen Artikel dazu: Neue Atheisten wie Richard Dawkins argumentieren empirisch-naturwissenschaftlich, warum es Gott nicht gibt. Unter Philosophen gibt es aber auch eine Gegenströmung. Sie untersucht, ob sich die Existenz Gottes beweisen lässt -ohne religiöse Vorannahmen.

Diese "philosophische Gegenströmung" befasst sich mit Wissenschaftlern, die die Existenz Gottes zu belegen versuchen. »Es geht … nicht darum, den biblischen Gott zu beweisen, sondern … zu sagen: Da gibt's etwas, was intelligent ist, was Geist hat.« Und so kommt man zu Intelligent Design.

Man hätte natürlich auch den wiki-Link zu Intelligent Design anschauen können, dann hätte sich das von allein erledigt: "Die Anhänger des Intelligent Designs verstehen Intelligent Design als wissenschaftliche Theorie und versuchen, den Begriff der Wissenschaft grundlegend umzudefinieren, so dass er auch übernatürliche Erklärungen zulässt." … "Nach Ansicht der Wissenschaftsgemeinde ist Intelligent Design keine Wissenschaft."

Selbstverständlich nicht; in der wissenschaftlichen Weitsicht gibt es keine übernatürlichen Eingriffe, das ist Dualismus und längst ad acta gelegt. In der realen Welt geht es sozusagen mit rechten Dingen und ohne Wunder zu. Wer das Gegenteil meint, ist in der Metaphysik zuhause und nicht in der Wissenschaft. Bei diesem Link findet man eine persiflierende Sicht und einen schönen Cartoon dazu.

Aber wenn die Philosophie nach dem Urgrund der Welt fragt, ist auch immer die Frage dabei Gibt es einen Gott? Der Deutschlandfunk auf den Spuren von Intelligent Design zitiert dazu einen "Fundamentaltheologen" (sowas gibt's an den katholischen Fakultäten). Von dem stammt der Spruch, es ginge nicht um bibeltreue Beweise, sondern um den Nachweis,  »Da gibt's etwas, was intelligent ist, was Geist hat.«

Um das zu beweisen, sammeln die Intelligent-Design-Anhänger allerlei Beispiele in der Natur, die sich aus der Wissenschaft (angeblich) (noch) nicht erkklären lassen. Die Biologen sehen es anders, und der Standpunkt der Wissenschaft ist ohnehin klar:
einmal lösen sich die "Widersprüche" mit fortschreitender Erkenntnis auf, jedesmal wenn eine neue wissenschaftliche Erklärung gefunden wird ("Rückzugsgefecht")
zum anderen läuft die Gott-hat's-gemacht-Erklärung stets darauf hinaus, dass das Problem ins Diffuse abgeschoben und dabei komplizierter gemacht wird: denn nun muss erklärt werden, wie "Gott" entstanden ist und wie er's gemacht hat.

Laut Deutschlandfunk meint der befragte Fundamentaltheologe, die Annahme eines intelligenten Designers bringe keinen Fortschritt. Er meint es bloß aus den falschen Gründen, es ersticke die Neugier, es erlaube keine überprüfbaren Voraussagen (wobei letzteres ausnahmsweise richtig ist), und: "wir wissen nicht, warum Gott es gemacht hat, wie er es gemacht hat und wozu."

Viel naheliegender ist natürlich die Annahme des gottesfreien Universums und das Vertrauen auf die Erklärungen der Evolutionsforschung, auch wenn die noch nicht alles beweisen kann. Dem steht die persönliche Gotteserfahrung entgegen, von der aber ganz richtig gesagt wird, dass sie für andere wenig Überzeugungskraft hat. Und dann kommt noch die Frage den kosmischen Parametern ("Feinabstimmungsproblem"): Wer hat die so gesetzt, dass unser Universum rauskommt? Und nicht irgendwie anders, wobei gar nichts Lebendes herausgekommen wäre?

Diese Frage ist nicht zu beantworten, genauso wie die Frage nach dem, was vor dem Urknall und jenseits des Universums oder unterhalb der Quantenebene ist. Der "Designer", der sowas erklären soll, ist der "Schöpfer" im anderen Gewand, aber die logischen Widersprüche bleiben ihm erhalten: Wer schuf den Schöpfer? Wer designte den Designer?  Daran scheitert jeder Versuch eines wissenschaftlichen Gottesbeweises.

Die Widerlegung der Gottesexistenz allerdings auch -soweit der Deutschlandfunk. Andererseits kann man aber nicht mal die Existenz des Weihnachtsmanns widerlegen, denn man müsste das ganze Universum absuchen, ob nicht irgendwo einer mit Echtheitszertifikat steckt. Trotzdem weiß jeder vernünftige Mensch, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, weil der ein Phantasieprodukt ist. Dasselbe gilt für Götter genauso -also immerhin ein indirekter Beweis für die Nichtexistenz.  

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