Interview mit dem Freidenkerbundvorsitzenden

Dieses Interview erschien am 9.1.2014 unter der lfd Nummer 17545 auf  http://hpd.de/ - die Fragen stellte Christoph Baumgarten

"Mehr Freunde, als man glaubt"

In einer Woche findet Österreichs größte atheistische Veranstaltung statt, der Open Mind Summit des Freidenkerbundes. Im Wiener Akzent-Theater stehen etliche Stars der Kabarettbühne wie Gunkl und Joesi Prokopetz zugunsten der humanistischen Szene auf der Bühne. Freidenkerbund-Vorsitzender Gerhard Engelmayer hofft im Gespräch mit hpd-Korrespondent Christoph Baumgarten auf einen ausverkauften Abend und einen Werbeeffekt für die atheistische Szene.

hpd: Gerhard, in einer Woche veranstaltet der Freidenkerbund seinen zweiten Open Mind Summit. Bist du als Veranstalter da schon nervös?
Engelmayer: Bei uns ist das Chaos immer um die Ecke, die Kunst ist, es hinter der Ecke zu halten.

Ein Ziel ist ja, die atheistische und säkulare Szene sichtbarer zu machen. Das habt ihr teilweise erreicht. Ich hab zum Beispiel bei mir um die Ecke schon ein kleines Poster affichiert gesehen. Das heißt, Werbung wird offenbar eifrig gemacht.
Ja. Alles was leistbar ist, wurde aktiviert. Außer Plakate sind für uns die Internetkanäle enorm wichtig. Gestern haben wir zum ersten Mal in der U-Bahn auf Infoscreen die Werbung für den OMS und die Freidenker gesehen. Diese Medium erreicht eine Dreiviertelmillion Menschen. (Die nächste Schaltung ist am 14.1.) Letztenendes ist aber auch die Mundpropaganda nicht zu unterschätzen!

Wie sieht es denn mit dem Kartenverkauf aus? Im Vorjahr war der OMS ja ausverkauft.
Der Vorverkauf läuft gut, schon vor Wochen war ein Drittel der Karten weg, nur wegen der Feiertage war natürlich jetzt Pause. Aber mit der Werbung wird es jetzt wieder anziehen. Ich denke wir werden wieder ausverkauft sein. Es ist eben das einzige Event im Jahr, wo sich Atheisten feierlich treffen können und ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln können.

Im Vorjahr wart ihr am Uni Campus im Alten AKH, heuer im AKZent-Theater. Das sind durchaus große und prestigeträchtige Orte für eine solche Veranstaltung. War es schwierig, diese Locations zu bekommen?
Gute Locations sind schwierig zu bekommen. Wir hatten Glück und wir haben auch überall mehr Freunde, als man glaubt. Man muss sie nur finden.

Ein Blick auf das Programm lässt ja das Herz von fast jedem Kabarett-Fan in Österreich höher schlagen. Wie kriegt man so viele Stars an einem Abend auf die Bühne?
Auch da gilt die gleiche Antwort. Wenn man die Leute einfach anspricht und das Engagement sichtbar wird, bekommt man mehr Sympathie zurück, als man glaubt. Wir haben schon Künstler bis ins Jahr 2016, die uns helfen wollen. Das zeigt aber auch, wie sehr frei denkende Menschen unter der Situation derzeit leiden. Und unter Künstlern finden sich nun einmal viele frei denkende Menschen. Einige von Ihnen outen sich ja ohnehin offen auf der Bühne, andere kenn ich schon lange wie Joesi, aber bei vielen, die ich nicht so gut kenne, versuche ich einfach ins Gespräch zu kommen und in 9 von 10 Fällen strömt einem der open mind gleich entgegen.

Wenn ich mir den OMS anschaue und an die finanzielle Lage der atheistischen Szene in Österreich denke, ist es ja erstaunlich, dass ihr euch das leisten könnt. Im Gegensatz zu den meisten Religionsgemeinschaften gehen die heimischen Vereine ja nicht gerade im Geld unter. Geht sich das mit dem Kartenverkauf aus?
Es geht sich aus, wenn alle kommen und uns vielleicht ein wenig darüber hinaus unterstützen. Die Spendenbereitschaft steigt auch. Falls es zu einem Abgang kommt, sehen wir das gelassen, dem steht ja auch der Werbeeffekt für die ganze Szene gegenüber.

Ich kann mir vorstellen, wenn der Freidenkerbund und die atheistische Szene mit so einem großen Programm an die Öffentlichkeit gehen, auch kritische Stellungnahmen provoziert.
Klar gibt es das auch, aber das Kabarett ist eben die typisch freidenkerische Weise sich auszudrücken, während in der katholischen Kirche der Ernst überwiegt. Unsere Strategie ist aber nicht die Kirche zu ärgern, sondern Werbung für unabhängiges Denken zu machen, das unser Gemeinwesen freier, menschlicher, sicherer und letztlich auch ökonomisch erfolgreicher und sparsamer macht.