Katholisches "Weltbild" zahlungsunfähig

Auch das Weihnachtsgeschäft konnte den katholischen deutschen Medienkonzern "Weltbild" nicht mehr vor der Insolvenz retten.

Am 10. Jänner 2014 wurde beim Amtsgericht Augsburg der Insolvenzantrag gestellt. Der nach der Medienhandelskette "Thalia" zweitgrößte Medienkonzern in Deutschland ist zahlungsunfähig, die Besitzer verweigern weitere Finanzhilfen. Eigentümer des Konzerns sind der Verband der Diözesen Deutschlands, zwölf einzelne Diözesen und die Soldatenseelsorge Berlin. Nicht insolvent sind die Internet-Tochter, die mit Hugendubel gemeinsam betriebenen Filialen und die Filialketten in Österreich und der Schweiz.

Als Ursachen für den Insolvenzantrag werden die Rückgänge im Filialgeschäft angegeben und die große Konkurrenz von Amazon im Internethandel. Verschärft wurde diese Lage durch die Zensurforderungen strengkatholischer Kreise, die immer wieder Angebotseinschränkungen durchzusetzen trachteten, die sich offenbar an den seinerzeitigen allgemeinen Regeln des 1967 abgeschafften vatikanischen Index der verbotenen Bücher orientierten.

Demnach dürfe ein im katholischen Besitz befindlicher Medienkonzern u.a. keine Artikel anbieten, die religionskritisch sind, die esoterische Inhalte haben, die gegen die katholische Morallehre verstoßen. Klarerweise verschreckt ein zensiertes Angebot das Publikum, dazu kam noch, dass am ständig steigenden Markt der Filmmedien, der keine Preisregelung wie bei Büchern hat, die Preise der Konkurrenz, also bei Amazon, deutlich niedriger lagen. Die hohe Anzahl der Filialen mit besonders im 2. Halbjahr 2013 deutlich sinkendem Kundenzuspruch belastete die Kostenstruktur weiterhin schwer.

Der Schuldenstand soll bei 190 Millionen Euro liegen, für die nächsten drei Jahre ein Sanierungsbedarf von 160 Millionen Euro bestehen. Die kirchlichen Eigentümer konnten sich nun nicht auf eine weitere Finanzierung des Konzerns einigen, solange es Gewinne gab, hatte man diese natürlich gerne kassiert. Und das Gerede von einem sozialen Verhalten zum Personal ist ja in allen Kirchenbetrieben üblich, eine entsprechende Praxis aber nirgens. Nach der Kritik der Strengkatholiken an den unkatholischen Artikelangeboten war zuerst ein Verkauf des Konzern überlegt worden. Da sich keine Interessenten fanden, wurde danach überlegt, den Konzern in eine Stiftung umzuwandeln, bei der Gewinne an die Diözesen abzuführen wären, aber das Verkaufsangebot ohne kirchliche Zensur erfolgen sollte, auch diese Überlegung blieb unverwirklicht.

Der Betrieb soll vom Konkursverwalter weiter geführt werden. Vermutlich wird der besonders defizitäre Filialhandel weiter eingeschränkt, ein beträchtlicher Teil der 6.300 Beschäftigen abgebaut werden, der Versandhandel nicht mehr über Katalogversand, sondern nur noch über Online-Angebote ablaufen, das Warenangebot eingeschränkt werden (jetzt gibt's in den Katalogen z.B. auch Elektrogeräte, Bettwäsche, Uhren, Schmuck usw.). Ob der Konzern danach in neuer Form weiterbestehen wird und wer ihn übernimmt, wird erst die Zukunft zeigen. Zurzeit werden auf der Weltbild-Homepage 1.842.352 Artikel angeboten, unter dem Suchwort "Religion" sind es 8.694, das sind weniger als fünf Promille. Eine Auswahl aus diesen fünf Promillen kann man wohl auch als Nebenerwerb bei den Pfarrämtern zum Verkauf anbieten...



Auf atheisten-info wurde über die Weltbild-Probleme öfters berichtet,
hier eine ausgewählte Link-Liste dazu:

Katholische Weltbild-Krise (Nov. 2011)
"Weltbild" wird verkauft! (Nov. 2011)
Weltbild-Beschäftige wehren sich! (Dez. 2011)
Zensur im Kirchenbuchhandel (Dez. 2011)
Metawelten Jänner 2012, Seite 3f
Metawelten Februar 2012, Seite 8f
Metawelten März 2012, Seite 2
Metawelten Juni 2012, Seite 12
Metawelten Juni 2013, Seite 7
Metawelten Juli 2013, Seite 7
Metawelten September 2013, Seite 17f
"Weltbild" kann Insolvenz vermeiden (Nov. 2013)