Die arbeitsrechtlichen Geheimnisse Jesu

Über diese war am 15.3.2014 in den OÖNachrichten zu lesen. In Linz gibt es eine "Katholisch-Theologischen Privatuniversität" (abgekürzt seltsamerweise "KTU" und nicht "KTPU"). Im Oktober 2013 gab es dort Meinungsverschiedenheiten im Lehrkörper, was u.a. zur Kündigung eines Assistenten führte.

Die Beschuldigung lautete, der Assistent habe dort Philosophie in gleicher Weise gelehrt wie an weltlichen Unis.
Da aber - wie die OÖN schreiben - gemäß der Zielsetzung der KTU alle Disziplinen auf "innige Kenntnis der Geheimnisse Christi" auszurichten seien, konnte man einen solchen Philosophen nimmer gebrauchen. Was auch das Arbeitsgericht in zwei Instanzen bestätigte: Das Arbeitsrecht gelte an der KTU nicht, weil diese Einrichtung den Status eines Tendenzbetriebes habe, dem man nicht vorschreiben kann, mit wem er zusammenarbeiten will.

Was an sich in verschiedenen anderen Bereichen auch zu einer Einschränkung des Arbeitsrechtes führt. Wenn z.B. ein Redakteur des ÖVP-Volksblattes statt die Interessen der Bourgeoisie zu vertreten, marxistische Artikel schriebe, dürfte ihn die Zeitung deswegen sicherlich kündigen.

An der KTU hatte man in der letzten Zeit neue Studienbereiche eingerichtet, die Kunstwissenschaft wurde ausgebaut, der Philosophienbereich um ein Ethikzentrum erweitert, daraus wurde nun die "Fakultät für Philosophie und Kunstwissenschaft". Man will sich dort mit der Philosophie des Altertums und des Mittelalters befassen. Was ja für ein katholisches Institut angemessen ist. Beim Altertum muss man allerdings vorsichtig sein, damit keine philosophischen Gedanken verbreitet werden, die mit den Geheimnissen Jesu weniger kompatibel sind, in Sachen Mittelalter kann hingegen nichts schief gehen, weil auf diesem Zeitalter beruhen ja Theorie und Praxis der gesamten Christenlehre.

Die neue Fakultät soll sich gemäß der KTU-Homepage mit den Berufsfeldern Kunstwissenschaftliche und philosophische Forschung, Erwachsenenbildung und Kunstvermittlung, Museums- und Ausstellungswesen, Medien, Buch- und Verlagswesen, Projektbegleitung im Bereich der Wirtschaft befassen. In welchem dieser Berufsfelder es um die "innige Kenntnis der Geheimnisse Christi" geht, konnte nicht ermittelt werden.

Ein Versuch, die Zahl der Lehrstühle an der KTU zu ermitteln, erbrachte kein klares Ergebnis, es dürften zumindest zwölf sein. Drei davon werden entgegen der Bezeichnung "Privatuniversität" einschließlich der Nebenkosten aus öffentlichen Geldern, nämlich vom Land Oberösterreich finanziert.

Da ÖVP-Landeshauptmann Pühringer während seiner Studienzeit als Religionslehrer arbeitete, ist es ihm und seiner Partei wohl ein staatsbürgerliches Anliegen, Steuergelder für private klerikale Ausbildungseinrichtungen zu verscheißen.
Auf der Site der OÖN heißt es daher zum KTU-Artikel in einem Leserkommentar: "Erklären Sie uns dass bitte Herr Pühringer: Ein Ethik-Zentrum an einer katholischen Universität? Ein Ethik-Zentrum an einer katholischen Universität, für welche das Arbeitsrecht nicht gilt, weil das Geheimnis von Jesus verkündet werden muss? Millionen von € an Steuergeldern, die genau in dieses Projekt fließen?"

Wenn eine katholische Privatuniversität die privatkatholische an den Geheimnissen Jesu ausgerichtete Philosophie des Mittelalters lehren will, dann soll sie das tun. Wir haben ja Religionsfreiheit. Aber bitte ohne einen Cent öffentlicher Gelder! Und für die privatkatholische mittelalterlichen Geheimnisse Jesu dann auch noch neutral klingende akademische Titel zu vergeben, gehört ebenfalls abgeschafft. Vorschlag: die Absolventen dürfen aussagekräftige Titel tragen: "Privatdoktor (oder Privatmagister) der Jesusgeheimnisse"! Das würde dann zur katholischen Ethik und zum katholischen Arbeitsrecht passen!