Nochmals in Sachen Krim

Die letzten Tage erinnerten irgendwie an die Zeiten des Vietnamkrieges. Damals berichtete der ORF ständig über die vietnamesische Aggression gegen die USA und wie die USA in Vietnam Freiheit und Demokratie für uns alle verteidigten. Besonders funkensprühend machte das ein gewisser Hugo Portisch, der damals sofort und ohne zusätzliche Um- und Einschulung als Pressesprecher des Weißen Hauses hätte arbeiten können.

Jetzt haben wir nach dem Konkurs der Sowjetunion vor fast 25 Jahren allerdings eine gänzlich andere geopolitische Lage: der Kapitalismus hat keinerlei real existierende Konkurrenz mehr. Aber das ändert nichts daran, dass es geopolitische Konflikte gibt.

Die USA haben in Südamerika ein bisschen an Einfluss verloren, es regieren dort weniger vom CIA auserwählte Politiker, der verlorene Vietnamkrieg hat den Einfluss in Südostasien schrumpfen lassen und das neue neoliberale China unter kommunistischem Deckmantel ist zur zweitmächtigsten Kraft aufgestiegen.

Die schon seit einiger Zeit laufenden Bemühungen Russlands und Chinas, geopolitisch zusammenzuarbeiten, machten die USA nervös. Versuche, einzelne der ehemaligen Sowjetrepubliken auf US-Seite zu ziehen, laufen die ganze Zeit. Aktuell waren es die Bemühungen via EU, die Ukraine dem Westen näher zu bringen und damit auch den Einflussbereich der Konzerne dort weiter zu erhöhen und natürlich auch den Einfluss der NATO.

Hat nicht funktioniert, der demokratisch gewählte ukrainische Präsident ließ sich nicht darauf ein, er wurde daher gestürzt. Einen Tag nachdem sich im Februar unter EU-Beteiliugung Russland, die Ukraine und die Oppositionellen auf ein friedliches Vorgehen mit Neuwahlen geeinigt hatten, trieben Extremisten und Faschisten die Sache auf die Spitze, erzwangen unter merkwürdigen Umständen (Schüsse vom gleichen Urheber auf Polizisten und Demonstranten, um die Stimmung aufzureizen) den Rücktritt des Präsidenten und errichteten eine Übergangsregierung mit Extremistenanteil, der Geheimdienstchef ist ein militanter Befürworter eines NATO-Beitritts und der Generalstaatsanwalt ein Faschist.

Das ist natürlich in unseren öffentlichen Medien entweder gar nicht oder nur am Rande erwähnt worden, der ORF werkte fast durchgehend wie seinerzeit während des Vietnamkrieges: es gab fast ständig nur Berichte und Stellungnahmen im Interesse einer Seite, dargeboten als verkünde man göttliche Wahrheiten.

Dass jetzt die österreichischen Rechtspopulisten wieder einmal billiges Kleingeld aus den Machtinteressen der EU-Regenten und ihrer 100%-Apologeten in Österreich ernten konnten, war nicht überraschend.
Die FPÖ ist auf Seite Russlands! Man konnte dabei auch mit der nationalen Flagge winken: die Russen als Minderheit in der Ukraine und als Mehrheit auf der Krim hatten doch ein Recht auf Selbstbestimmungen zu haben.

Aber bei den Amerikanern und den EU-Vorbetern gilt das Völkerrecht nur für die USA, die EU und die Ukraine. Die Bevölkerung der Krim hat kein Völkerrecht zu haben. Hierzu hat man überdies immer krampfhaft versucht, die Zahlen der Krimtartaren (die während des 2. Weltkrieges eigene Krimtatarische SS-Verbände aufstellen durften) und der Ukrainer in die Höhe zu treiben, die Russen wurden eingeschmolzen.

Jedoch lauten die Zahlen laut Wikipedia so: "Die ukrainische Volkszählung aus dem Jahr 2001 ergab 10,1% ukrainischsprachige, 11,4% krimtatarischsprachige und 77,0% russischsprachige Muttersprachler in der Autonomen Republik Krim." Es ist somit keine große Sensation, wenn die Mehrheit der Krimbewohnerschaft wieder zurück zu Russland will. Dass sich dabei die Veranstalter der Abstimmung recht dumm anstellten, z.B. keine Möglichkeit am Stimmzettel boten, für den Status Quo zu stimmen, sondern nur für die alte Krim-Verfassung von 1992 oder den Anschluss an Russland, diente zwar unfreiwilligerweise propagandistisch nur den US&EU-Interessen, änderte aber nichts an der tatsächlichen Situation: die Krimbewohner wollen zurück nach Russland. Der Anschluss an die Ukraine war 1954 von Chrustschow angeordnet worden - ohne Volksabstimmung. Diese Anordnung rückgängig zu machen, das verletzt jetzt das EU-USA-Völkerrecht? Seltsam.

Groteskes ist nebenbei zu erwähnen: wenn Schottland ein Volksabstimmung ansetzt, sich von Großbritannien zu trennen? Verletzt sowas das in Sachen Krim strapazierte Völkerrecht nicht? Wenn diese Woche in Venetien ein Volksabstimmung läuft, mittels der dieser Teil Italiens aus Italien und der NATO austreten will: ja dürfen die das oder muss dort die EU Sanktionen verhängen, vielleicht sogar einmarschieren?

Unabdingbare Völkerrechte gibt's nur, wenn man geopolitische Probleme hat. Wenn Sewastopol ein russischer Militärhafen im Schwarzen Meer bleibt und daraus keiner von der NATO werden kann, das verletzt die Völkerrechte der NATO! Die europäische Medienfreiheit lässt sich dummerweise nimmer so zurechtstutzen wie in früheren Zeiten, aber das macht nicht allzuviel. Weil die großen Medien verkünden unbeirrt die vereinigten geopolitischen USA & EU-Wahrheiten!