In einer niederösterreichischen Volksschule wird der Sach- und Musikunterricht
missbraucht, um katholische Schüler auf die Erstkommunion vorzubereiten.
Nichtkatholische Kinder haben im Rahmen des Pflichtunterrichts fromme Lieder
miteinzustudieren, still zuzuhören oder sich mit Arbeitsblättern zu
beschäftigen. Eltern, die sich bei der Schulaufsicht über diese gesetzeswidrige
Diskriminierung ihres nichtkatholischen Kindes beschwerten, hatten jedoch die
Nachsicht: weder die zuständige Bezirksschulinspektorin, die auch für
die Kirchliche Privathochschule Wien/Krems tätig ist, noch der Niederösterreichische
Landesschulrat (LSR NÖ) sahen sich berufen, die Vorbereitungen auf die
Erstkommunion außerhalb des Religionsunterrichtes einzustellen und das
gesetzlich vorgesehene Disziplinarverfahren gegen die Schuldirektorin einzuleiten.
Ganz im Gegenteil: nach einer Intervention katholischer Eltern bei der Landesregierung
hieß kein anderer als LSR NÖ Präsident Hermann Helm (ÖVP)
die fromme Praxis gut - entgegen der Meinung seiner eigenen Rechtsabteilung
(!). Dass religiöse Inhalte "als Teil der Lehre ausschließlich
dem Religionsunterricht vorbehalten sind und bleiben" war anschließend
auch einer detaillierten Stellungnahme des BM für Unterricht vom 26.2.2014,
die auch der NÖ Schulbehörde zur Kenntnis gebracht wurde, zu entnehmen.
Ungeachtet dessen bestätigt nun ein Bericht der "Kronen Zeitung"
(20.4.2014), dass in dieser Sache selbst Landeshauptmann Erwin Pröll interveniert
hat.
Ein beim LSR NÖ eingebrachtes Anwaltsschreiben soll nun
den Rechtsbruch beenden und zur Einleitung von Disziplinarverfahren, sowohl
gegen die Schuldirektorin als auch gegen die aufgrund ihrer Befangenheit handlungsunwillige
Schulinspektorin, führen.
Für Wolfgang Renzl, dem Anwalt,
der die betroffenen Eltern vertritt, ist die Sachlage klar: "Der Religionsunterricht
bietet den einzigen gesetzlich vorgesehenen Rahmen für die Glaubensvermittlung
sowie das Abhalten von religiösen Übungen oder die Vorbereitung auf
solche. Alle Schüler, ungeachtet ihrer konfessionellen Zugehörigkeit,
haben das gleiche Recht auf Bildung. Wenn im Rahmen eines Pflichtunterrichts
Aufgaben der örtlichen Pfarre erledigt und dabei Schüler diskriminiert
werden, so kann dies, aufgrund der weltanschaulichen Diskriminierung, nur unter
Verletzung der Dienstpflicht geschehen". Renzl hofft nun auf eine umgehende
Reaktion der Behörde damit "die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt
und eine straf- bzw. zivilrechtliche Eskalation verhindert wird".
Laut
Eytan Reif von der "Initiative Religion ist Privatsache", die das
Verfahren unterstützt, veranschaulicht der gegenständige Vorfall "die
atemberaubende Selbstverständlichkeit, mit der vielerorts in öffentlichen
Schulen gesetzeswidriger, jedoch politisch gedeckter, Religionszwang betrieben
wird - Rechtsstaat hin oder her".
Einem hochrangigen Juristen des Landesschulrates für Niederösterreich
(LSR-NÖ), der die schulische Vorbereitung auf die Erstkommunion außerhalb
des Religionsunterrichts untersagte, drohen nun "einige Konsequenzen".
Dies geht aus einem Bericht der kirchennahen "NÖN" vom Dienstag
hervor. Dass die Vorgehensweise des Juristen, dessen Identität der "Initiative
Religion ist Privatsache" bekannt ist, von einer offiziellen Stellungnahme
des Bundesministeriums für Unterricht Unterstützung erhält, ist
dem NÖN-Bericht jedoch nicht zu entnehmen. Ebensowenig, dass die Sache
zu einem Politikum wurde erst nachdem eine Boulevardzeitung interveniert hat.
Vor
dem Hintergrund einer Anzeige, die am 11.4.2014 beim LSR-NÖ eingebracht
wurde wegen des Religionszwangs an der gegenständlichen Landesvolksschule,
richtet nun die "Initiative Religion ist Privatsache" einen dringenden
Appell an die Niederösterreichische Landesregierung, eine klare und sachliche
Stellungnahme zu den Vorwürfen zu veröffentlichen. Ferner warnt die
Initiative eindringlich davor, Beamte, die sich pflichtbewusst für die
Rechtsstaatlichkeit und gegen Diskriminierung einsetzen, gesetzeswidrig zu sanktionieren.