Religiöser Zwangsunterricht in NÖ

Aussendung der Initiative Religion ist Privatsache vom 22. 4. 2014
mit Ergänzung vom 23. 4.:

In einer niederösterreichischen Volksschule wird der Sach- und Musikunterricht missbraucht, um katholische Schüler auf die Erstkommunion vorzubereiten. Nichtkatholische Kinder haben im Rahmen des Pflichtunterrichts fromme Lieder miteinzustudieren, still zuzuhören oder sich mit Arbeitsblättern zu beschäftigen. Eltern, die sich bei der Schulaufsicht über diese gesetzeswidrige Diskriminierung ihres nichtkatholischen Kindes beschwerten, hatten jedoch die Nachsicht: weder die zuständige Bezirksschulinspektorin, die auch für die Kirchliche Privathochschule Wien/Krems tätig ist, noch der Niederösterreichische Landesschulrat (LSR NÖ) sahen sich berufen, die Vorbereitungen auf die Erstkommunion außerhalb des Religionsunterrichtes einzustellen und das gesetzlich vorgesehene Disziplinarverfahren gegen die Schuldirektorin einzuleiten. Ganz im Gegenteil: nach einer Intervention katholischer Eltern bei der Landesregierung hieß kein anderer als LSR NÖ Präsident Hermann Helm (ÖVP) die fromme Praxis gut - entgegen der Meinung seiner eigenen Rechtsabteilung (!). Dass religiöse Inhalte "als Teil der Lehre ausschließlich dem Religionsunterricht vorbehalten sind und bleiben" war anschließend auch einer detaillierten Stellungnahme des BM für Unterricht vom 26.2.2014, die auch der NÖ Schulbehörde zur Kenntnis gebracht wurde, zu entnehmen. Ungeachtet dessen bestätigt nun ein Bericht der "Kronen Zeitung" (20.4.2014), dass in dieser Sache selbst Landeshauptmann Erwin Pröll interveniert hat.

Ein beim LSR NÖ eingebrachtes Anwaltsschreiben soll nun den Rechtsbruch beenden und zur Einleitung von Disziplinarverfahren, sowohl gegen die Schuldirektorin als auch gegen die aufgrund ihrer Befangenheit handlungsunwillige Schulinspektorin, führen.

Für Wolfgang Renzl, dem Anwalt, der die betroffenen Eltern vertritt, ist die Sachlage klar: "Der Religionsunterricht bietet den einzigen gesetzlich vorgesehenen Rahmen für die Glaubensvermittlung sowie das Abhalten von religiösen Übungen oder die Vorbereitung auf solche. Alle Schüler, ungeachtet ihrer konfessionellen Zugehörigkeit, haben das gleiche Recht auf Bildung. Wenn im Rahmen eines Pflichtunterrichts Aufgaben der örtlichen Pfarre erledigt und dabei Schüler diskriminiert werden, so kann dies, aufgrund der weltanschaulichen Diskriminierung, nur unter Verletzung der Dienstpflicht geschehen". Renzl hofft nun auf eine umgehende Reaktion der Behörde damit "die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt und eine straf- bzw. zivilrechtliche Eskalation verhindert wird".

Laut Eytan Reif von der "Initiative Religion ist Privatsache", die das Verfahren unterstützt, veranschaulicht der gegenständige Vorfall "die atemberaubende Selbstverständlichkeit, mit der vielerorts in öffentlichen Schulen gesetzeswidriger, jedoch politisch gedeckter, Religionszwang betrieben wird - Rechtsstaat hin oder her".

Ergänzung vom 23.4.2014:

Skandal um Religionszwang in Niederösterreich weitet sich aus

Einem hochrangigen Juristen des Landesschulrates für Niederösterreich (LSR-NÖ), der die schulische Vorbereitung auf die Erstkommunion außerhalb des Religionsunterrichts untersagte, drohen nun "einige Konsequenzen". Dies geht aus einem Bericht der kirchennahen "NÖN" vom Dienstag hervor. Dass die Vorgehensweise des Juristen, dessen Identität der "Initiative Religion ist Privatsache" bekannt ist, von einer offiziellen Stellungnahme des Bundesministeriums für Unterricht Unterstützung erhält, ist dem NÖN-Bericht jedoch nicht zu entnehmen. Ebensowenig, dass die Sache zu einem Politikum wurde erst nachdem eine Boulevardzeitung interveniert hat.

Vor dem Hintergrund einer Anzeige, die am 11.4.2014 beim LSR-NÖ eingebracht wurde wegen des Religionszwangs an der gegenständlichen Landesvolksschule, richtet nun die "Initiative Religion ist Privatsache" einen dringenden Appell an die Niederösterreichische Landesregierung, eine klare und sachliche Stellungnahme zu den Vorwürfen zu veröffentlichen. Ferner warnt die Initiative eindringlich davor, Beamte, die sich pflichtbewusst für die Rechtsstaatlichkeit und gegen Diskriminierung einsetzen, gesetzeswidrig zu sanktionieren.