Kardinal Schönborns tolle Toleranz

Screenshot von der Wiener Diözesan-Homepage:

Der österreichische katholische Oberbischof Schönborn predigt ja nicht nur sonntags in der Kronenzeitung, sondern fallweise auch in der Straßenbahnzeitung "Heute". Nun hat er sich in Sachen Conchita Wurst geäußert. Wobei er unabsichtlich gleich ein biblisches Problem aufs Tapet bringt: weil sein Gott soll ja den Menschen nach seinem göttlichen Abbild geschaffen haben. Ist dann Thomas Neuwirth / Conchita Wurst als eine Frau mit Bart ein gelungenes äußeres Abbild vom katholischen Gott? So ein Neuwirth-Wurst-Gottesbild geisterte ja bereits durchs Internet!

man könnte sie "Je-Susi" nennen

Es gibt zwar etliche Lebewesen, die sich durch "Jungfernzeugung" fortzupflanzen vermögen, z.B. Rädertierchen, Fadenwürmer, Läuse und laut Bibel auch Götter. Die Zweigeschlechtlichkeit ist jedoch keine wunderbare Idee von irgendwem, sondern entwickelte sich als Fortpflanzungsmethode, weil sie wirkungsvoller ist und den Aufstieg des Lebens vom Einfachen zum Komplizierten ermöglichte, aus bloßer Zellteilung, also eingeschlechtlicher Fortpflanzung hätte sich das heutige irdische Leben nicht entwickeln können.

Über den Liebesakt soll sich ein Zölibatär keine Gedanken machen, er müsste und könnte ja nach dem Reim leben, "scheiß auf d'Weiber, scheiß auf d'Liebe, der Saft kommt auch im Handbetriebe". Uh, das war jetzt aber sehr vulgär! Aber das waren die tröstenden Worte, die wir uns in der Zeit spendeten, wo wir zwar schon geschlechtsreif, aber noch ohne Freundin waren.

Aber Schönborn hat immerhin mitbekommen, dass Conchita Wurst eine in ganz Europa sehr populäre Gestalt ist und es sehr unopportun wäre, wenn er darin erinnern täte, dass laut Bibel Homosexualität ein Gräuel ist und Homos gemäß des katholischen Katechismus-Artikels 2359 ein sexfreies Leben zu führen hätten: "Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich - vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft -‚ durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern."

Statt sich an die Worte des HErrn (Lev 20,13 steht: "Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft; ihr Blut soll auf sie kommen.") oder wenigstens die Lehre der Kirche zu halten, will Schönborn jetzt sogar den Segen des HErrn für einen Brecher des Katechismus-Artikels 2359! Warum ordnet er da nicht gleich an, Homo-Partnerschaften kirchlich zu segnen, wie es z.B. in der anglikanischen Kirche möglich ist? Nur ein einziger vom katholischen HErrn gesegneter Nicht-Hetero ist wohl doch eine recht kleine Menge an Toleranz!

Dass die multikulturelle Bereicherung aus der islamistischen Geisterwelt doch auch von Multikulti-Toleranten manchmal nicht mehr als solche akzeptiert werden kann, ist nicht so überraschend. Boko-Haram-Zwangsbekehrungen zum Islam sind ein Zeichen von Intoleranz, meint der Herr Kardinal. Die Judenverfolgungen der Nazis waren dann wohl auch nur ein erschütterndes Beispiel von Intoleranz und keine faschistischen Verbrechen.

Die Plakate zum heurigen Life-Ball gefallen dem Herrn Schönborn jedenfalls nicht, andere Empörte betätigen sich bereits als Plakatkaputtmacher, weil sie den Anblick einer Gestalt mit Busen und Zipfel nicht ertragen können.


Weil sowas hat ja der biblische Gott nicht geschöpft und darum darf der Mensch sowas auch nicht abbilden, weil das kann einem anständigen Christen wie dem Erzbischof Schönborn als sehr viel harmlosere Variante der Mädchenentführung durch die Boko Haram erscheinen. Dass schreib nicht ICH, diesen Vergleich hat der Wiener Erzbischof SCHÖNBORN gezogen. Somit lautet das katholische Toleranzbeispiel: ganz so schlimm wie Boko Haram ist das Life-Ball-Plakat dann doch noch nicht!

PS: überraschend die Schlusszeile auf dem obigen Screenshot von der Diözesan-Homepage: "AutorIn: Kardinal Christoph Schönborn" - soviel Selbstironie sollte man dem Schönborn gar nicht zutrauen! Im "Heute"-Artikel stand diese Zeile allerdings nicht. Könnte daher vielleicht auch ein interner Gag seitens der Homepage-Betreuer sein...