Höherwertigkeitskomplexe

Den hier folgenden Text, zwei Absätze aus einem Artikel in der "Presse" vom 8.8. von Michael Ley, hab ich erst mit Verspätung gefunden, aber er ist es auch am 18.8.2014 noch wert, behandelt zu werden:
(..) Die westlichen Apologeten des Islam und die Interessensvertreter der islamischen Verbände werden nicht müde, jegliche Kritik am Islam als "neuen Rassismus" zu denunzieren. Die neue Definition des Rassismus lautet: Wer die Ursachen des islamischen Terrorismus und der mangelnden Integrationsbereitschaft vieler Muslime in der Religion des Islam sucht und nicht penetrant die Kreuzzüge, den Kolonialismus, den Imperialismus und die Fremdenfeindlichkeit der europäischen Gesellschaften dafür verantwortlich macht, offenbart eine rassistische Einstellung gegenüber dem Islam und den Muslimen.
Mit dieser Strategie soll jegliche Kritik am Islam als "Rassismus" bzw. "Islamophobie" denunziert werden, das läuft letztlich auf die Abschaffung von Religions-, Kultur- und Gesellschaftskritik hinsichtlich des Islam hinaus. In der Konsequenz würden alle positiven kulturellen und politischen Errungenschaften der westlichen Moderne infrage gestellt zugunsten eines Vielvölkerstaates, dessen Grundlage ein Werterelativismus wäre. Eine Gesellschaft, die ihre verbindlichen Normen und Werte aufgibt, stellt sich damit selbst zur Disposition. Die ausschließliche gesellschaftliche Selbstkritik und die zwanghafte Xenophilie sind der Ausdruck einer schweren kollektiven Neurose und zeugen von einer nicht mehr zu überbietenden politischen Narretei. (..)

Dieser hier oben geschilderte Bezug zum Islam hatte in den 1968er-Zeiten seine Vorläufer, damals war das "Proletariat" das Objekt der "Neuen Linken", es bildeten sich eine Vielzahl von sich als revolutionär verstehenden Gruppierungen, Trotzkisten, Maoisten, etc. bis zur "Roten Armee Fraktion", die überzeugt zu sein versuchten, dass die Arbeiterklasse, das Proletariat tatsächlich in der Lage wäre, die Gesellschaft revolutionär zu verändern.

Es gab damals wirklich sowas wie eine "heilige Arbeiterklasse" im Bewusstsein von jungen Nichtproletariern: man sah sich dafür auserwählt, das Proletariat zur Macht im Staate zu führen, man sprach heftig marxistisch-leninistisch-stalinistisch-trotzkistisch-maoistisch, hatte für jedes aktuelle Ereignis die passenden Zitate aus den heiligen Büchern der diversen marxistischen Klassiker und erwartete tatsächlich, revolutionäre Situationen durch entsprechende lautstarke Agitation und Propaganda zu erzeugen.

Indirekt erzeugt wurden damit z.B. in Deutschland die Notstandsgesetze, die Berufsverbote für Linke, direkt die Terroranschläge der RAF und dann verlief das Ganze im Sande. Die heilige Arbeiterklasse war ihrer revolutionären Pflicht nicht nachgekommen, man brauchte nun ein neues Heiligtum: das war zunächst der heilige Wald, der im Sterben lag. Führungen durch Wälder wurden abgehalten, die aufzeigen sollten, dass es in Europa dort, wo noch Wälder standen, demnächst nur noch verwüstete Steppen geben würde. Der Wald brach jedoch ebenfalls nicht befehlsgemäß zusammen, aber die grüne Bewegung etablierte sich im politischen Leben.

Nun brauchte man wieder ein neues Heiligtum. Man fand es rasch. Denn nach dem Konkurs des Realsozialismus vermehrte sich die Zuwanderung nach Mittel- und Westeuropa. Es hatte vorher schon sogenannte "Gastarbeiter" gegeben, die nicht wie geplant wieder in ihre Stammländer zurückkehrten, sondern die sich Ehefrauen nachholten, der von der EU mitausgelöste Jugoslawienkrieg brachte weitere Flüchtlinge. Weil während der NS-Zeit Flüchtlinge wenig Chancen auf Asyl gehabt hatten, gab es nun ein stark verbessertes Asylwesen.

In Österreich stieg durch alles zusammen die Einwohnerzahl von 1960 bis 2014 von sieben auf achteinhalb Millionen, von 1990 bis 2014 betrug der Zuwachs knapp 800.000. In früheren Zeiten war der Bevölkerungszuwachs durch geschlechtliche Vermehrung erfolgt und lag deswegen weitaus geringer, maximal bei wenigen Zehntausend im Jahr, inzwischen hat die autochthone Bevölkerung einen deutlichen Sterbeüberschuss.

Dass Zuwanderungen aus anderen Sprach- und Kulturbereichen Probleme bringen könnten, wurde jahrzehntelang gänzlich ignoriert, erst die Unzufriedenheit beträchtlicher Bevölkerungsteile wegen dieser Probleme und des dadurch entstandenen Zuwachs des Stimmenanteils der rechtspopulistischen FPÖ setzte den Staatsapparat in Sachen Integration überhaupt erst einmal in Bewegung. Die FPÖ hatte bis in die 1980er-Jahre bei den NRW immer fünf bis sechs Prozente erhalten, 1999 waren es fast 27 %, nun folgte die Regierungsbeteiligung der FPÖ und die dadurch in Gang gebrachte FPÖ-Selbstdemontage, aber aktuell werden den Rechtspopulisten wieder bis 28 % Stimmenanteile vorausgesagt.

Was taten Nachfolger der seinerzeitigen "Neuen Linken"? Sie hatten nun wieder ein neues Heiligtum, die heiligen Migranten. Dass auch dieser Bevölkerungsanteil vielschichtig war und keineswegs über einen Bogen gespannt werden konnte, war egal: Die Migranten waren die neuen Underdogs, für die nunmehr diese von der Realität abgehobene Linke als Ersatz für die aufgegebene Arbeiterklasse und den geretteten Wald bellte.

Warum gab und gibt es diese Linke?

Sie stammte seinerzeit nicht aus dem Proletariat, später nicht aus der Land- und Forstwirtschaft und stammt heute nicht aus dem Migrantenbereich, sie war und ist eine stellvertretende Bewegung, sie tut Gutes für andere. Oder Gutes, das man deswegen für Gutes hält, weil man es tut, um selber zu glänzen!

Und nun endlich zum Titel "Höherwertigkeitskomplexe"!

Alfred Adler, der Entwickler der Individualpsychologie, hatte es als Prinzip des menschlichen Handelns definiert, dass sich der Mensch eine Lebenslinie formt, die ihn aus dem Gefühl von Minderwertigkeit befreien und in einen Zustand der Ausgeglichenheit, der Überlegenheit, der Sicherheit, der Vollkommenheit führen soll. Dieses Streben ist entscheidend für das gesamte Dasein, gibt Sinn und Ziel.

Und eine Möglichkeit dazu, diese sinngebende Überlegenheit zu erreichen, ist die Zuwendung an Benachteiligte, an Unterdrückte, an Verfolgte.
Was im Prinzip auch ein Ergebnis der Evolution ist, weil eine Gemeinschaft in der man einander hilft, hat einen entsprechenden Selektionsvorteil.

Problematisch wird das allerdings, wenn es entsprechend übersteigert wird, siehe oben, die heilige Arbeiterklasse, der heilige Wald, die heilige Migration. Weil dann hört sich nämlich die Differenzierung auf, Betrachtungen können nicht mehr von einem relativen Blickwinkel ausgehen, es gibt im Bereich der Heiligkeiten nur noch Absolutes! Und zu diesem ideologischen Absoluten gehört in der heiligen Migration die besondere Heiligung des Islam. Weil das ist die Kulturform, die am deutlichsten von den traditionellen Kulturformen in Europa abweicht, die daher die größten Probleme bei der Integration hat, die deutlich weniger Neigung zur Assimilation zeigt als die meisten anderen Einwanderergruppen und darum muss der heilige Islam noch heiliger sein und es wird dann faktisch zur Blasphemie, den Islam zu kritisieren.

Mit inquisitorischem Eifer wachen sich als Linke verstehende wohlsituierte Bildungsbürger darüber, dass allen das heilig sein muss, was ihnen heilig ist, damit sie ihren Höherwertigkeitskomplex voll ausleben können: Islamkritik beschädigt nämlich ihre eigene vermeintliche Hochwertigkeit, würdigt sie herab, banalisiert ihre Ansichten: das muss verunmöglicht werden, denn diese pseudolinken Leute wollen das Licht und die Wahrheit und die Herrlichkeit sein! Und diese psychische Glückseligkeit möchte man offenbar gerne zumindest mit moralischen Machtmitteln, mit einer der Gesellschaft in Sachen Islamkritik auferlegten Zensur durchsetzen!

Das musste endlich einmal gesagt werden.