Ein offenes Wort zur Neutralität

Herr Bundeskanzler, Herr Vizekanzler, Herr Bundespräsident!
Österreich ist neutral! Unsere Neutralität verpflichtet Österreich aber auch dazu, sich aus allen Konflikten herauszuhalten. So sagt es unsere Verfassung. Das gilt auch für Sie. Haben Sie das vergessen? Interessiert es Sie nicht? Oder sind Sie willenlose Handlanger der EU, NATO und von US-Konzerninteressen?
Ich bin in großer Sorge. Denn mit den sinnlosen EU-Sanktionen gegen Russland begehen Sie Verfassungsbruch. Sie bauen in Ihren Köpfen wieder einen "eisernen Vorhang" auf. Das ist politisch unverantwortlich. Und es ist wirtschaftlicher Irrsinn. Tausende österreichische Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. In der Industrie, in Tourismus und Handel sowie in der Landwirtschaft. Und vergessen wir nicht die österreichischen Banken. Sie sind in Osteuropa enormen Risiken ausgesetzt. Wenn dort was passiert, ist der Schaden gigantisch.
Sie versprechen Ausgleichszahlungen durch die EU. Aber Österreich ist EU-Nettozahler. Wenn wir von dort Zahlungen erhalten, heißt das nur, dass wir einen Teil unseres eigenen Geldes zurückbekommen. Warum sagen Sie das nicht?
Sie sprechen vom Schutz der Freiheit. Ja, staatliche Freiheit und die Souveränität muss man schützen. Vor allem die der eigenen Heimat. Und da hat uns genau jene Neutralität immer gute Dienste geleistet, die Sfe jetzt "vergessen". Das ist ebenso verantwortungslos wie das Ruinieren unseres Bundesheeres.
In so unsicheren Zeiten!
Wenn es Ihnen um Freiheit ginge, müssten Sie auch den Mut haben, andere als Russland zu kritisieren. Ich habe nichts gehört, als ein Land nach dem anderen wegen angeblicher Massenvernichtungswaffen besetzt wurde. Sie waren auch sehr still, als sich gezeigt hat, dass manche alles und jeden weltweit bespitzeln. Und den Islamismus im eigenen Land als Gefahr für unsere Freiheit haben Sie immer nur ignoriert.
Ich sage nicht, dass Russland im Recht ist. Aber ist Russland wirklich überall allein im Unrecht? Sie machen es sich zu einfach, meine Herren! Österreichs Aufgabe wäre es, zu vermitteln und beide Seiten zu hören. Das verlangt unsere Neutralität. Das verlangt auch die Verteidigung tausender Arbeitsplätze. Und nur das sichert Freiheit und Frieden. Krieg - auch ein Wirtschaftskrieg -kennt am Ende nur Verlierer.
Denken Sie um! Tun Sie nicht das, was Brüssel und US-Konzern- und NATO-Militärinteressen dient, sondern das, was unsere Bevölkerung erwartet. Helfen Sie, Frieden zu schaffen statt an der Eskalationsspirale zu drehen. Für den Frieden und die Aussöhnung sollten Sie Verbündete suchen. Dafür und für den Schutz der Arbeitsplätze haben Sie mich an Ihrer Seite.

Ihr besorgter  ...

Von wem ist dieser Brief? Einem alten 68er kommt sofort die Vermutung, das müsste jemand sein, der damals gegen den Vietnamkrieg und gegen den US-errichteten Faschismus in Chile war, jemand der gegen die Aufrüstung demonstrierte und beim Ostermarsch mitging!

So kann man sich täuschen! Der Text stammt von einem FPÖ-Inserat vom 14.9.2014 und der offene Brief ist von HC Strache unterzeichnet.

Zerknirscht bekenne ich: was die heutige Linke sein soll, weiß ich nicht. Und es bewegt mich schrecklich, dass ich plötzlich sagen müsste, die FPÖ hat recht! Sind die Linken alle völlig deppert geworden?

Nein, sind sie nicht, sie vertreten dazu zum Teil durchaus vernünftige Positionen. Aber das Echo der Zustimmung einheimsen wird die FPÖ praktisch alleine. Weil die sind damit in den Medien und haben einen weiteren Anknüpfungspunkt fürs mögliche Wählerpotential. Jeder Bauer, der zurzeit sein Kraut einackert, weil es nimmer nach Russland exportiert werden kann, reift zum FPÖ-Wähler heran. Jeder Arbeiter, der von Einsparungen hört, weil der Export Probleme bekommt, könnte an Strache denken, wenn er es nicht sowieso schon tut, weil die SPÖ-Führung nimmer weiß, wofür die Partei eigentlich gegründet worden war. Und jeder, der nicht für den US-Imperialismus schwärmt, empfindet womöglich die FPÖ als antiimperialistische Partei.

Weit haben wir's gebracht!