Trauerkultur

Als Mensch der schon ziemlich lange nicht mehr zu den eher Jugendlichen gehört, lese ich in der Zeitung auch regelmäßig die Todesfälle, es sind schließlich Leute, die man gekannt hat, aber auch unbekannte Gleichaltrige mit dabei.

Mir ist nun aufgefallen, dass bei den auf derselben Seite der OÖNachrichten befindlichen Sterbeinseraten sehr selten auch ein Hinweis auf die Abhaltung einer Totenmesse zu finden ist. Hab das nun den ganzen September 2014 gezählt und kann sagen: 75 % der Verabschiedungen laut diesen Inseraten waren ohne, 25 % mit einem Hinweis auf eine kirchliche Verabschiedung. Was allerdings nicht heißen muss, dass ohne der Erwähnung einer Messe im Inserat auch keine stattgefunden haben muss.

Darum hab ich mir nun die Arbeit gemacht und von den Linzern Bestattern die online gestellten Parten durchgeschaut, weil wenn eine Gedenkmesse stattfindet, dann steht sie doch sicherlich auf der Parte. Ergebnis: bei 73 % der Verabschiedungen im September 2014 waren keine Messen angekündigt. Was natürlich nicht heißt, dass beim Begräbnis kein Pfarrer dabei war, aber die alte Tradition, Verstorbene in der Kirche zu verabschieden, scheint in Linz ziemlich verschwunden zu sein.

Um den Unterschied Stadt/Land anzuschauen, hab ich mir nun die Mühe gemacht, aus allen Bezirken in OÖ (außer den beiden größeren Städten Wels und Steyr) ebenfalls Parten vom September diesbezüglich durchzuschauen: hier kam ein ganz anderes Ergebnis heraus: bei 89 % wurden Verabschiedungen in der Kirche angekündigt.

Man sieht somit einen ausgeprägten Unterschied zwischen Stadt und Land. Die Tradition, Verstorbene religiös zu verabschieden, ist am Land noch deutlich größer, die 11 %, bei denen keine Messe angekündigt worden war, werden vermutlich zu den religionslosen Verstorbenen gehört haben. Allerdings wird es im ländlichen Bereich auch an den Bestattungsfirmen liegen, die wohl einfach den Ablauf einer Bestattung traditionell gestalten, ohne Alternativen überhaupt anzubieten.

In Linz, also im städtischen Bereich, werden zwar auch nicht 73% der Verstorbenen religionsfrei gewesen sein, sondern vielleicht um die 30 %, aber die Totenmesse ist im größerstädtischen Bereich überwiegend nicht mehr obligat, sehr hoch liegt in Linz die Zahl der Verabschiedungen im würdevoll und ohne fix montiertem Kreuz gestalteten Verabschiedungssaal im Urnenhain in Urfahr.


Somit kann man zusammenfassen:
das Schwinden der Religiosität nimmt nicht nur im gelebten Alltag zu, sondern auch bei den großen Ereignissen des Lebens: Geburt, Hochzeit, Tod. Bei den Geburten werden die Taufen weniger, bei den Hochzeiten die Hochzeiten überhaupt und auch beim Sterben sinkt die Bedeutung der Religion. In St. Willibald im Walde geht man sonntags noch zur Kirche und für die Verabschiedung der Verstorbenen ist allein der Pfarrer zuständig, in Linz, Graz oder Wien geht man sonntags nimmer zur Kirche und auch die Verabschiedung der Verstorbenen wird zunehmend säkularer. Und sogar in St. Willibald im Walde wird das irgendwann in diese Richtung laufen und auch die ländlichen Bestatter werden ihr Angebot auf gottlose Beisetzungen erweitern müssen...