Wien (OTS) - Als "endgültige Bankrotterklärung des österreichischen
schulischen Werteerziehungsmodells" wertet die "Initiative Religion
ist Privatsache" den Plan des Wiener "Netzwerks zur Deradikalisierung
und Prävention", Richtlinien für muslimische Kindergärten
und Kindergruppen einzuführen. Laut Initiative-Sprecher Eytan Reif
ist es zwar zu begrüßen, wenn Behörden Maßnahmen ergreifen,
um Kinder vor religiöser Radikalisierung und Indoktrination zu schützen,
das Grundproblem wird damit aber nicht gelöst werden. "Die Beauftragung
der Religionsgemeinschaften mit der Erfüllung des gesetzlichen Werteerziehungsauftrages
der Schule ist ein Irrweg. Daran werden noch so gut gemeinte Korrekturmaßnahmen
und Richtlinien nichts ändern", so Reif.
Vor dem Hintergrund
der aktuellen Diskussion wiederholt die Initiative ihre Forderung nach der Einführung
eines für alle Schüler verpflichtenden Ethikunterrichts, der sich,
unter anderem, der Religionskunde, den Menschenrechten sowie der Staatskunde
widmen soll. "Die traditionelle Blindheit der österreichischen
Politik auf dem zur Religion gewandten Auge rächt sich nun. Es ist höchste
Zeit, das System grundlegend zu sanieren. Die Republik hat, auch im Sinne einer
erfolgreichen Integrationspolitik, selbstbewusst einen humanistisch-demokratischen
Wertekanon zu propagieren und nicht, wie bisher, primär den Religionsgemeinschaften
die staatsbürgerliche Werteerziehung zu überlassen. Kinder sollen
bereits im Vorschulalter lernen, dass einzig die schwer erkämpften Grundrechte,
zu denen selbstverständlich auch die Religionsfreiheit zählt, den
gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer pluralistischen Demokratie garantieren.
Eine eventuelle religiöse Werteerziehung, die den Grundwerten der österreichischen
Demokratie nicht entgegensteht und der geistigen Entwicklung des Kindes angepasst
ist, hat ausschließlich ergänzend stattzufinden" so Reif.
Die
Forderung nach einem verpflichtenden Ethik- und Religionenunterricht teilt auch
Dr. Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen: "Ein staatlich
organisierter Ethik- und Religionenunterricht würde den Dialog fördern
und einer möglichen Radikalisierung vorbeugen." Laut Walser lässt
zudem die aktuelle Gesetzeslage eine effektive staatliche Kontrolle der im Rahmen
des Religionsunterrichts vermittelten Inhalte vermissen. "Es muss sichergestellt
werden, dass die Inhalte des islamischen Religionsunterrichtes nicht im Widerspruch
zu den Zielen der staatsbürgerlichen Erziehung stehen. Die in Österreich
geltenden Freiheits- und Persönlichkeitsrechte, das Recht auf freie Religionsausübung
und der Schutz der psychischen und physischen Integrität jedes Menschen
stehen über jeder konfessionellen Lehre", so Walser abschließend.
"Für einen Ethik- und Religonenunterricht treten auch wir ein"
beteuert Nationalrätin und NEOS Vorsitzender-Stellvertreterin Beate Meinl-Reisinger.
Auch die Aktion kritischer Schüler_innen (AKS) fordert Ethikunterricht
für alle. "Es muss sichergestellt werden, dass wichtige moralische
Grundfragen in der Schule besprochen werden können. Ethik ist das einzige
Fach, das es möglich macht, diese Fragen von vielen Seiten zu betrachten",
so Christina Götschhofer, Bundesvorsitzende der AKS.