Falschmünzer & Goldfinger

U. Gellermann am 13. Oktober 2014 auf www.rationalgalerie.de

Die AfD ist keine Alternative für Deutschland

Nach einer gängigen Logik sollte man mit dem Feind seines Feindes befreundet sein. Und Finanzminister Schäuble, ein Feind der demokratischen Ordnung, ist zur Zeit heftig mit der "Alternative für Deutschland" befeindet. Also sollten Demokraten eigentlich . . . aber lieber doch nicht. Wolfgang Schäubles Ausbruch gegen die AfD ist allerdings ein Signal: Nach Mandaten bei der EU-Wahl, nach 10-Prozent-Ergebnisse bei Landtagswahlen scheint die AfD ein ernstzunehmender Faktor im parlamentarischen System zu werden. Das schöne an der AfD ist, dass sie NEU erscheint. Der müde deutsche Parlamentarismus, geprägt von Nichtwählern und, in den wesentlichen Fragen, von einer Über-GroKo aus CDU-SPD-GRÜN dominiert, hätte immer wieder gern mal was Neues, wie an der Piratenpartei einst sichtbar wurde. Und tatsächlich ist es den alten AfD-Professoren gelungen sich auf Opposition zu schminken. Und jetzt pudern sie sich auch noch mit Goldstaub: Über ihren Online-Shop kann man Goldmünzen beziehen.

Die Verkleidung als Oppositionspartei gelang der AfD wesentlich damit, dass sie den Euro und die EU ablehnte und mit diesem einen Punkt eine weit verbreitete Stimmung gegen "die Bürokratie", gegen "das System" als ihre eigenen, neuen Kleider ausgab und sich damit kostümierte. Wer sich die handelnden Personen der AfD näher anschauen mag, dem erscheint sie doch erbärmlich nackt. Der ungekrönte König des Wahlvereins ist Bernd Lucke, früher CDU und wohlbestallter Professor auf Urlaub. Auch von ihm stammt der "Hamburger Appell", der 2005 die Senkung von Löhnen und Gehältern verlangte, um das Wachstum zum Wachsen zu bringen. Das Rezept ist mindestens so alt wie der Kapitalismus selbst. Und wenn der Mann im Zusammenhang mit der deutschen Demokratie von "Entartung" spricht, dann bedient er sich angeblich nur versehentlich der Sprache der Nazis: Das brach aus ihm heraus, das musste er einfach mal gesagt haben.

Flankiert wird der Herr Professor von zum Beispiel Frauke Petry, eine der drei AfD-SprecherInnen. Die hätte gern eine Verschärfung des Abtreibungsverbotes. Damit könnte sie, wenn der aktuelle Papst so weiter denkt, bald in Opposition zur katholischen Kirche geraten. Das wäre dann wirklich neu. In der Ablehnung der Abtreibung sieht sie eine Verantwortung für das "Überleben des eigenen Volkes". Mit diesem Spruch ist sie auf einer Führer-Geburtstags-Feier immer herzlich willkommen. Aber so neu ist Hitler wirklich nicht. Auch der Altphilologe Konrad Adam, der dritte im AfD-Führerbund, ist so richtig frisch nicht mehr: Fast 20 Jahre hat er bei der FAZ, dem Zentralorgan der deutschen Wirtschaft, Dienst getan. Tatsächlich war die FAZ auch immer in Opposition: Gegen alles was nach Fortschritt roch. Auch Adam sorgt sich um die sinkende Geburtenentwicklung: Dafür sei der "Sozialstaat" verantwortlich. Da hat er natürlich Recht: Je ärmer ein Land, desto höher sind die Geburtenraten. Das ist so neu wie die kleinbäuerliche Reproduktion, in der viel geboren wurde, um dem Familienbetrieb Arbeitskräfte zuzuführen. Das begann vor etwa 12.000 Jahren. Neu?

Das Märchen von der System-Ferne der AfD ist spätestens dann zu Ende erzählt, wenn es um Geld geht. Wie jetzt um die Parteienfinanzierung. Denn das deutsche Parteienfinanzierungsgesetz ist biblisch. Dem Mattheus-Evangelium entsprechend wird dem gegeben, der hat. Genauer: Wer viele Einnahmen hat, zum Beispiel durch Spenden aus der Wirtschaft, kann auch mehr Geld aus dem staatlichen Parteien-Alimente-Topf bekommen. Und umgekehrt. Noch hat die AfD zu wenig Spenden, um die staatliche Einkünfte-Obergrenze zu erreichen, also macht sich die behauptete Alternative im Goldmünzenhandel zu schaffen: "Interessenten müssen selbst entscheiden, ob sie ihr Geld in Gold investieren wollen. Wir stellen aber fest, dass Gold grundsätzlich ein Produkt ist, das als Anlageform von vielen Bürgern als krisenbeständig und zukunftsorientiert wahrgenommen wird" schreibt die Partei auf ihrer Website. Schon mit den ersten Münzverkäufen erhöhten sich die Partei-Einküfte beträchtlich. So langt der Goldfinger der AfD in den staatliche Finanzierungstopf und will `nen schnellen Euro im Goldgeschäft machen.

"Die Parteien" schreibt das Grundgesetz, "wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit." Die AfD tut mehr, sie will auch bei der Vermögensbildung mitwirken. Wenn der Goldpreis steigt. Steigt er aber nicht, dann ist die AfD für nix verantwortlich. Das ist eine bisher alternativlose Falschmünzerei.