Wobei ich als Zufall Vorgänge sehe, die ursächlich weder unmittelbar noch mittelbar irgendwas mit einander zu tun haben, sondern die dadurch auffällig werden, dass sie gleichzeitig eintreten. Ein Beispiel wäre: jemand tritt vor seine Haustür und im selben Moment weht ein Sturm einen Ziegel vom Dach und ihm auf den Kopf. Beide Vorgänge haben nichts miteinander zu tun, treffen aber zusammen. Aber solche Zufälle können auch ohne Loch im Kopf und gänzlich undramatisch passieren.
In
meiner DVD-Thek sind die Vorräte an nicht gesehenen Filmen recht hoch.
Ich jammere ja auf dieser Homepage des öfteren über ungesehene Filme,
die ungesehen bleiben, weil ich zuviel Zeit mit der Homepage vertue.
Unlängst
hab ich mir meine DVD-Liste einmal durchgeschaut und beschlossen, schon lange
liegengebliebene Filme endlich anzuschauen. 2006 hatte ich mir zwei Boxen
mit je fünf DVDs gekauft, die unter dem Titel "Platinum Collection"
Solofilme von Laurel & Hardy aus der Stummfilmzeit vor ihrer gemeinsamen
Karriere brachten. Ich hatte ein paar dieser Filme schon auf Videos gesehen
und wusste, wirklich gut waren die beiden als Duo und nicht als Solisten.
Jetzt
nahm ich diese beiden Boxen endlich in Angriff, am 6.12.2014 sah ich mir
die erste DVD aus der zweiten Box an. Der erste Film war die Westernparodie
"West of Hot Dog" aus dem Jahre 1925 mit Stan Laurel. Darin kam
ein Pferd mit dem Namen "Babe Ruth" vor, das dem Banditenboss Bad
Mike gehörte und das Stan verwendete, um vor den Banditen aus der Stadt
zu fliehen.
das
Aufsteigen aufs Pferd war natürlich einer der Filmgags, gleich wird Stan
verkehrt auf dem Pferd sitzen...
Als Stan aus der Stadt ritt, kam
ein Stummfilm-Zwischentitel: und erklärte den Namen des Pferdes:
Was
mir nichts sagte. Das Pferd lief dann zum Hauptquartier der Banditen und
Stan brachte dort durch seine Unsicherheit und seine Ungeschicklichkeit die
Banditen in Lagen, wo sie sich gegenseitig niederschossen, Stan wurde dadurch
zum Helden und bekam die ersehnte Frau. Das heimlaufende Pferd schien
zur Verknüpfung der Handlungsstränge gedient zu haben, warum es deswegen
"Babe Ruth" heißen musste, blieb mir unklar.
Am Abend
las ich dann die Wochenendbeilage der OÖNachrichten. Und dort erfuhr ich
die Wahrheit über Babe Ruth und why it always headed for home. Es wurde
nämlich auf der Bücherseite ein Buch von Bill Bryson vorgestellt "Sommer
1927", das u.a. über den Atlantikflug von Charles Lindbergh berichtete:
In
vier Zeilen wurde der damalige Baseballstar Babe Ruth erwähnt. Jetzt war
mir der Zwischentitel im Film von Stan Laurel klar:
George
"Babe" Ruth (1895-1948) war laut Wikipedia einer der berühmtesten
Baseballspieler in der Geschichte dieses fast nur in den USA gespielten Ballsports.
Und
was müssen Baseballspieler tun? Heading for home! Der 714-Home-Run-Rekord
von Ruth bestand bis 1974! Allein in der Saison 1927 hatte er 60 Home Runs!
Was ist ein Home Run? Fragen wir Wikipedia: "Home Run ist ein Begriff
aus dem Baseball. Man spricht von einem Home Run, wenn es einem Batter (Schlagmann)
gelingt, infolge eines eigenen Schlages alle vier Bases abzulaufen und mit Erreichen
der Home Plate einen Run zu erzielen, also einen Punkt zu machen. Dabei erzielt
jeder andere Spieler, der bereits auf einem der Bases steht, ebenfalls einen
Punkt." Was das genau heißen soll, versteh ich trotzdem nicht,
aber das ist mir auch wurscht, es wird wohl was Ähnliches sein
wie ein Tor beim Fußball.
Faszinieren tut mich der Zufall. Von Babe
Ruth, von dem ich in meinem ganzen Leben bewusst noch nie etwas gehört
hatte, an einem Tag zweimal aus zwei voneinander völlig unabhängigen
Quellen was zu vernehmen! Ich hätte mir den Film schon vor acht Jahren
anschauen können, die OÖN hätten den Baseballspieler nicht erwähnen
müssen oder es schon vorige Woche tun können. Erwähnt wurde
er ganz bestimmt nicht, weil ich heute einen alten Stan-Laurel-Film anschauen
würde und eine Erklärung für einen Filmgag benötigen täte.
Wenn
man nun die Wahrscheinlichkeit berechnen wollte, dass jemand am selben Tag einen
fast 90 Jahre alten Film anschaut, an dem in einer Zeitung derselbe Mensch Erwähnung
findet, der im Film für einen Gag diente und ihm das auch auffällt,
dann ginge das gar nicht mehr, denn man müsste zwei Dinge auf einen Nenner
bringen: wieviele Leser der OÖN lesen samstags die Bücherseite und
wieviele OÖN-Leser besitzen den Film "West auf Hot Dog" und schauen
ihn am 6.12. an. Die Box mit dem Film gibt's seit etwa 2500 Tagen, die OÖN
haben etwa 425.000 Leser der Samstagausgabe. Versierte Wahrscheinlichkeitsrechner
mögen versuchen die Wahrscheinlichkeit zu berechnen: liegt sie höher
oder niedriger als die Wahrscheinlichkeit eines österreichischen Lottosechsers?
Ich tippe darauf, dass ein Lotto-Sechser wahrscheinlicher ist, aber es zahlt
mir ja niemand was für diesen Tipp.
Und was ist die Folge von Zufällen? Z.B dieser Artikel, aber das
ist ja nicht weltbewegend. Andere Zufälle können so große
Wirkungen haben, dass danach Menschen an die Vorsehung, an das Schicksal, an
göttliche Eingriffe und ähnlichen Unsinn glauben.
Weil
es müssen zur Erklärung des Geschehens und möglichst gleich der
ganzen Welt auch dort Zusammenhänge gefunden werden, wo es keine gibt.
Dann kann man keine finden und muss sie erfinden. Bei Babe Ruth ist das nicht
notwendig. Da aber auf jeden von uns Tag für Tag irgendwelche Ereignisse,
Informationen usw. niederprasseln, ergibt es sich eben manchmal, dass Dinge
zusammentreffen, deren Zusammentreffen extrem unwahrscheinlich ist.
Es
passiert aus der Masse der Möglichkeiten! So kann es geschehen, dass
jemand beispielsweise von einem früheren Freund träumt und dann erfährt,
dass in der Nacht seines Traumes dieser Freund verstorben sei. Und nun denkt
sich der Träumer, der Verstorbene habe sich im Traum von ihm verabschiedet.
Aber es war auch nur ein Zufall. Weil jeden Tag träumen Menschen von anderen
Menschen und jeden Tag sterben Menschen, wenn dann der Zufall des Traumes und
der Zufall des Todes zusammentreffen, hat das nichts Übersinnliches zu
bedeuten. Die Zahl der Träume über Menschen, die in der Traumnacht
nicht verstorben sind und die Zahl der Menschen, die sterben, ohne dass jemand
in der Sterbenacht von ihnen träumt, sind hoch genug, um das Feld für
Zufälle bereitzustellen.
PS: Wer den ganzen Film "West of Hot Dog" (30 min) anschauen will, der findet
ihn auf YouTube, so alte Filme sind PD: