Die Religion in der Regierung

In Deutschland war bei der Regierungsangelobung 2013 besonders auffällig, dass alle Regierungsmitglieder einen Meineid schworen, sie sagten nämlich "ich gelobe so wahr mir Gott helfe", wahr ist es aber, dass ihnen kein Gott hilft. Dort tritt auch die SPD besonders mit christlichem Eiferertum auf, vermutlich um CDU/CSU religiös zu überholen und dadurch endlich wieder stärkste Partei zu werden. Dass die größte Wählergruppe inzwischen die Konfessionslosen sind, hat man dort offenbar noch nicht bemerkt.

In Österreich ist die Lage deutlich säkularer, nur zwei Minister schworen auf ein Hirngespinst. Nun beforschte und befragte am 23.12.2014 die Wiener Tageszeitung "Die Presse" die österreichischen Regierungsmitglieder religiös.

Bundeskanzler Faymann
war in seinen jungen SJ-Jahren kirchenkritisch und organisierte Kirchenaustritte. Als aufstrebender Politiker und als Bundeskanzler entfaltete er seinen prächtigen Opportunismus, er wurde plötzlich wieder katholisch. Jetzt ließ er der Zeitung allerdings ausrichten, seine religiösen Verhältnisse seien Privatsache, die "Presse" zitierte daher aus einem Interview von 2009, " ja, er glaube an Gott, der für ihn aber kein bestimmtes Wesen sei, sondern eher eine Erscheinung wie die Sonne, von der man sich Kraft holen könne. Man müsse aber nicht."

Der neue Vizekanzler Reinhold Mitterlehner deklariert sich selber als "aktiven Christen", der regelmäßig zur Messe gehe, ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nennt sich einen gläubigen Menschen, ihre Familie gehe zwar nicht jeden Sonntag in die Kirche, man spreche aber täglich ein Abendgebet. Vielleicht so: "Müde bin ich, geh' zur Ruh', schließe beide Äuglein zu. Vater, lass die Augen dein, über meinem Bette sein."? Außenminister Sebastian Kurz deklariert sich als regelmäßiger Kirchengeher, auch Justizminister Wolfgang Brandstetter definiert sich als religiös. Nichts über seine Religiosität sagt Finanzminister Hans Jörg Schelling, er war allerdings einer der seinen Amtseid nur gelten lassen will, wenn ihm Gott hilft. Der andere war Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, der für seinen Eid nicht nur die wahre Gotteshilfe braucht, sondern diesen auch noch vor dem "heiligen Herzen Jesu Christi" ablegte, allerdings fiel er danach mit einigen reformkatholischen Äußerungen auf. ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin nennt sich selber "keine praktizierende Katholikin".

Die sozialdemokratische Seite hob sich wohltuend von den verbohrten SPD-Christen in Deutschland ab.
Man deklarierte sich selber aus opportunistischen Gründen natürlich nicht als atheistisch oder zumindest agnostisch, aber fast durchgehend die Religion als Privatsache. Die "Presse" wusste von Kultusminister Josef Ostermayer, Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, Sozialminister Rudolf Hundstorfer und Verteidigungsminister Gerald Klug, dass sie konfessionslos sind. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek trägt ein Kreuz um den Hals, nach ihrer Angabe als Erinnerung an ein verstorbenes Patentkind, über ihre eigene Religiosität brachte die Zeitung nichts in Erfahrung.

Unerwähnte Regierungsmitglieder wurden auch in der "Presse" nicht erwähnt. Immerhin spiegelt die österreichische im krassen Gegenteil zur deutschen Regierung ein bisschen die gesellschaftliche Wirklichkeit wieder, in Österreichs Regierung gibt es - wie in der Bevölkerung - ein Viertel Konfessionslose. In Deutschland regiert eine 100%ige Christenfront, obwohl durch das DDR-Erbe die Zahl der Konfessionslosen dort mit deutlich über 30 % höher ist als in Österreich.

Wie schon bei den jährlichen Kirchenaustritten ist auch hier im Match Österreich gegen Deutschland ein Cordoba festzustellen:

und zwar ein deutlich Besseres: nämlich nicht 3:2, sondern 4:0!

So das wär's für den 24.12.2014, ich wünsche allen Sitebesuchern gemütliche und hedonistische Feiertage!