"Für die Wenigen die noch glauben, dass Staat und Kirche in
Österreich getrennt sind, liefert die oberste Kontrollinstanz der Republik
den Gegenbeweis" kommentiert Eytan Reif, Sprecher der "Initiative
Religion ist Privatsache" die am Dienstag veröffentlichte Entscheidung
des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zur Beschwerde gegen die "ORF-Karfreitagsschweigeminute".
Das öffentliche Bekenntnis des ORF zum Christentum ("Es ist 15.00
Uhr. Am heutigen Karfreitag gedenkt der ORF der Sterbestunde Jesu Christi mit
einer Schweigeminute") sei, so der VfGH, unbedenklich, da dem ORF "ein
redaktioneller Gestaltungsspielraum" zukommt, "wie er den öffentlich-rechtlichen
Kernauftrag erfüllt". Eine Verletzung der Religionsfreiheit kann sich
der VfGH nur mit einem umgekehrten Vorzeichen vorstellen: "Schranken im
Zusammenhang mit der Religionsfreiheit könnten sich beispielsweise dann
ergeben, wenn Fernsehsendungen in einem religiösen Kontext zu Gewalt auffordern
und daher - insbesondere mit dem Ziel des Jugendschutzes - gesetzlich verboten
werden".
Als "sehr enttäuschend" betrachtet Reif
die Entscheidung des VfGH insbesondere deshalb, weil diese den wichtigsten Aspekt
in der Beschwerde ausblendet, nämlich das vom ORF abgegebene unmissverständliche
eigene religiöse Bekenntnis, das weder als Berichtserstattung noch als
irgendein anderer Programmpunkt interpretiert werde kann. Reif dazu: "Der
ORF, als Stiftung öffentlichen Rechts, dürfte sich aus eigener Kraft
zu keiner Weltanschauung - egal ob religiöser, politischer oder sonstiger
Natur - bekennen. Ein klares, unmissverständliches religiöses Bekenntnis
einer Behörde wohlwollend als "Berichtserstattung" zu akzeptieren,
ist demokratiepolitisch äußerst bedenklich. Der Weg von einem 'christlichen
ORF' über einem 'christlichen Landesschulrat' zu einem 'sozialdemokratischen
AMS' oder zu einer 'freiheitlichen Polizei' ist wesentlich kürzer, als
man glaubt".