(österreichische Anmerkung: Frank-Walter Steinmeier ist deutscher
Außenminister und gehört der SPD an)
Ein angeblicher
"Realitätscheck" wurde dem Bundestag verordnet. Er kam direkt
vom Auswärtigen Amt zum Parlament. Schon die Überschrift ist eine
Lüge: "Russische Behauptungen - unsere Antworten". Denn was
in Steinmeiers 18-Punkte-Papier als "Russische Behauptungen" aufgelistet
ist, das alles kann man in deutschen Foren, in deutschen Leserbriefen und im
deutschen Internet lesen. Aber das AA etikettiert diese deutschen Positionen
als "russisch". Die Gegner der Merkel-Steinmeier-Ukraine Politik,
so unterstellt das Dokument, sind vom Ausland gesteuert. Und damit das Parlament
weiß, was es dem unbotmäßigen Volk zu sagen hat, schreibt ihm
der Außenminister mal was hinter die Ohren.
Es sei eine falsche
Behauptung, dass "der Westen sich in die inneren Angelegenheiten der Ukraine
eingemischt habe" behauptet des Steinmeier-Pamphlet. Keine fünf
Milliarden von der US-Regierung für den Regime-Change in Kiew? Kein Klitschko
als Agent der Konrad-Adenauer-Stiftung auf dem Maidan? Keine jahrelange Oligarchen-Reklame
der deutschen Regierung und in den deutschen Medien für Madame Timoschenko?
Kein "spontaner Besuch" von Steinmeier und anderen auf dem Maidan?
Wer das alles leugnet, ist entweder blöd oder bösartig. Dumm ist Steinmeier
nicht.
Dass in Kiew Faschisten an der Macht sind, stimmt nicht, schreibt
das AA. Aber wer hat das denn behauptet? Nicht mal Putin, erst recht nicht die
deutsche Opposition. Richtig ist: In Kiew sind die nationalistischen Regierungsparteien
mit ukrainischen Nazis gesprenkelt. Auf deren Kandidatenlisten zur letzten Wahl
fand sich mindesten immer einer, der vom "Rechten Sektor" oder den
"Freiwilligen-Bataillonen" delegiert war. Mit einem der Faschisten
hat Steinmeier bei seiner Maidan-Visite selbst verhandelt: Mit Oleg Tjagnibok,
nachgewiesener Antisemit, Bandera-Anhänger und Darling der Schlägerbanden
auf dem Maidan. Der Außenminister sollte sich mal die Hand anschauen,
die er diesem Mann damals gereicht hat: Die ist immer noch braun.
Die
Absetzung von Präsident Janukowitsch und die Einsetzung der Übergangsregierung
sei keinesfalls ein Staatsstreich gewesen, fabuliert das AA-Papier. Glaubt
man den Wahlbeobachtern der OSZE und anderen internationalen Beobachtermissionen,
dann entsprach die ukrainische Präsidentschaftswahl, die Janukowitsch 2010
gewann, den internationalen Standards. Vertrieben wurden Janukowitsch und eine
gewählte Regierung von bewaffneten Putschisten. Manche unbewaffnete Putsch-Führer
wie Klitschko (Konrad-Adenauer-Stiftung) oder Jazenjuk (George-Soros-Stiftung)
wurden aus dem Ausland bezahlt und gesteuert. Ansonsten kann man die Steinmeier-Position
nur als Handlungsanweisung verstehen: Wer mit dem Merkel-Gauck-Regime nicht
einverstanden ist, sollte doch eine halbe Million Menschen rund um den Reichstag
mobilisieren, Waffen ausgeben und die Regierung verjagen. Das ist dann nach
Steinmeier ein "Staatsnotstand". Und falls Frau Merkel auf der Flucht
sein sollte und das eingeschüchterte Parlament dann feststellen würde,
sie habe sich "in verfassungswidriger Weise ihren Amtspflichten entzogen",
dann ist sie eben - Verfassung hin Verfassung her - abgesetzt.
Auch
sei es eben nur eine Behauptung, dass die ethnischen Russen diskriminiert würden.
Na klar, als die Demonstrationen friedlicher Bürger in der Ostukraine gegen
die Kiewer Putschisten von der Polizei niedergeknüppelt wurden, als man
ihre Sprecher verhaftete und nach Kiew verschleppte und die gesamte Bewegung
als "terroristisch" bezeichnete, da lag nach Doktor Steinmeier eben
keine "Verletzung der Rechte der russischen Minderheit" vor. Und die
Toten im Gewerkschaftshaus von Odessa werden Herrn Steinmeiers feines Gespür
für Diskriminierung zu schätzen wissen.
Der AA-These zur
Krim, dort habe es keine Sezession gegeben, sondern einen russischen Einmarsch,
muss man den Kosovo-Stock auf das Denkvermögen hauen: In trauter Gemeinsamkeit
mit den USA und den UÇK-Kriminellen haben deutsche Truppen die jugoslawische
Hauptstadt zerbombt und ein Land zerstört, um die Sezession des Kosovo
zu ermöglichen. Da saß Steinmeier noch im Kanzleramt der Regierung
Schröder-Fischer. Klar, dass er sich daran nicht erinnern mag. - Von erstaunlicher
Kühnheit ist die AA-Behauptung, dass die Separatisten "nie die Unterstützung
einer Mehrheit der Bevölkerung" hatten. Ob der Außenminister
selbst eine repräsentative Umfrage in Donezk und Lugansk gemacht hat? Er
wird es uns sicher sagen wenn der Bundestag ihn vor einen Ausschuss zerrt in
dem das Zustandekommen seiner Sprach-Anweisung untersucht wird.
Tollkühn
geht der Außenminister mit dem Vordringen der NATO an die russische Grenze
um. "Richtig ist: In Bezug auf die Aufnahme weiterer osteuropäischer
Staaten in die NATO gibt es keine verbindliche Regelung." Ganz sicher wird
Steinmeier etwas ähnliches auch an dem Tag formulieren, an dem Russland
in Österreich einen Militärstützpunkt eröffnet. Und er wird
in der Stunde, in der die die Russen im freien Kuba ein paar Mittelstrecken-Raketen
stationieren, folgenden Text aus seiner Sprech-Anweisung zitieren: "Das
Prinzip der freien Bündniswahl wurde in der NATO-Russland-Grundakte von
1997 ... bekräftigt."
Und so geht es denn fort auf den
sechs Seiten mit den mehr als 20.000 Zeichen: Halbwahrheiten, Verdrehungen,
neben offenen Lügen finden sich sogar ein paar Wahrheiten. Dieser Satz
gehört nicht dazu: "Natürlich dienen die Sanktionen (gegen Russland)
dazu, wirtschaftlichen Druck auf Russland auszuüben, aber das ist kein
Selbstzweck." Richtig hätte der Satz lauten müssen: "Der
Westen, von den USA am Nasenring geführt, nutzt jedes mögliche Mittel,
um Russland in die Knie zu zwingen; Sanktionen sind nur der Anfang; Waffenlieferungen
werden folgen; ein Krieg mit Russland wird riskiert, der Zweck heiligt die Mittel".
Das
Steinmeier-Papier ist ein interessantes Zeugnis der Schwäche einer Regierung,
deren Behauptungen in der Ukraine-Krise von immer weniger Leuten geglaubt werden,
obwohl die Staatsmedien alles tun, die Lüge als Wahrheit zu verkaufen.
Nach den Umfrage-Ergebnissen, die das Misstrauen der Bevölkerung der
Ukraine-Berichterstattung gegenüber belegen, zieht Steinmeier vor dem Parlament
blank. Man darf gespannt sein, ob sich der Bundestag ergibt.