Griechenland erdet Euro-Machbarkeitswahn

Publiziert am 6. Juli 2015 von von Wilfried Müller auf wissenbloggt.de

hallogott
Noch ist im Grunde nichts entschieden. Das griechische Nein bedeutet bloß Neuverhandlungen in dem Sinn Verbessert die Bedingungen oder schmeißt uns aus dem Euro (Formulierung von ZEIT ONLINE).

Die Euro-Zone müsse nun der Regierung Tsipras entgegenkommen, um das Land in der Währungsunion zu halten, heißt es.

Hoffentlich nicht.

Dann würde weiter Zeit geschunden, ohne die Probleme zu lösen. Das wäre die teuerste Lösung mit der schlechtesten Wirkung. Aber die Aussichten drumrumzukommen steigen. Das Argument mit der Büchse der Pandora wirkt immer stärker. Der stark frequentierte  amerikanische Blog Zero Hedge schreibt seit der Veröffentlichung des IWF-Aussichts-Papiers solche Artikel wie Did The IMF Just Open Pandora's Box? (3.7.). Hat der IWF die Büchse der Pandora geöffnet?

Warum ist Deutschland so fest geblieben mit dem Durchwursteln? Weil die Euro-Politiker Angst haben. Nach den Griechen kommen die Spanier (Podemos, da ist bald Wahl), die Portugiesen (Bloco Esquerda, auch bald Wahl), die Italiener (5 Sterne) und die anderen, um ebenfalls bessere Bedingungen zu rauszuschinden.

Am 4.7. heißt es sogar in This Is Why The Euro Is Finished: Was ich bei den Euro-Fanatikern so frappierend finde: Sie kümmern sich anscheinend gar nicht um Fakten. Sie machen einfach weiter mit der Wunderkur ihrer Währung (der Euro-Retterei), egal was passiert. Und wenn der IWF-Report sie abwatscht ("hit them over the head") mit der Aussage, Griechenland braucht bis 2018 weitere Hilfen von 50 Mrd. und Spanien von 40-80 Mrd., sie machen stur und unbeeindruckt weiter.

Das ist noch höflich ausgedrückt. Man könnte auch sagen, wer den selben Fehler immer wieder macht, der ist intelligenzresistent. Jedenfalls ist auch in den USA angekommen, dass der Euro die Anpassung an wechselnde Umstände verhindert, und "die Umstände ändern sich ständig". Ein Land muss sich an die Weltläufte anpassen können.

Richtig, damit ist das zentrale Problem erkannt. Und die Konsequenz, die der Zero-Hedge-Kommentator zieht? Schaut her, es ist einfach. Der Euro ist erledigt. Er kann den unbeherrschbaren Skandal nicht überleben, zu dem Griechenland geworden ist. Das Land ist nicht Opfer seiner eigenen Schuld, sondern Opfer der Euro-Machenschaften: Die großen Länder laden ihre Schulden auf die Schultern der kleinen ab.

Also, das stimmt nicht. Griechenland zahlt für selbstgemachte Schulden. Abgeladen wird auf die Schultern der Euroland-Allgemeinheit, und die lässt sich alles bieten. Deshalb ist es sehr wohl möglich, mit dem Skandal weiterzumachen.

Die Druckpositionen für die weiteren Verhandlungen sind eingenommen. Griechenland ist schon dabei, Schuldscheine einzuführen (IOUs It Is: Why Greece May Have A Problem Printing "Rogue" Euro Banknotes) – IOU heißt "I owe you", "ich schulde dir". Die Aussichten?

Der nächste Hickhack geht um Schuldenerlass bzw. den griechischen  Schuldenschnitt Nr. 2 (nach Nr. 1 von 2011). Um die Büchse der Pandora zuzuhalten, wird das ein harter Kampf. Die Euro-Politiker müssen Griechenland bei neuen Geschenken kurzhalten, sonst kommen Spanien, Italien, Portugal, Zypern, Frankreich mit ähnlichen Wünschen.

Als quasi Monopol-Gläubiger können sie Griechenland aber auch nicht hängen lassen. Schließlich wurde so viel von Solidarität und Schulden erlassen – nein, Schulden vergeben – geredet, das muss doch wahr bleiben? Es kann doch keinen totalen Liebesentzug geben nach dem Nein?

Was sein wird? Erstmal dürfte Griechenland neue Kredite kriegen, die aber direkt an den IWF gehen, damit der Pleitedruck geringer wird. Dann wird man eine Lügenbilanz aufstellen, mit der die griechischen Schulden kleingerechnet werden.

Von den 110 Mrd. Target-2-Forderungen der EZB an die griechische Nationalbank wird nicht die Rede sein. Die griechischen Staatspaiere im Besitz der EZB im Wert von vielleicht 100 Mrd. (Zahl ist geheim) werden ignoriert werden. Die 90 Mrd. ELA-Notkredite werden bestimmt auch irgendwie rausgerechnet. Die Rettungsschirme wird man irgendwie eindampfen, bis vielleicht 200 Mrd. überbleiben.

Davon wird man einige Prozente streichen, vielleicht 30%. Bezogen auf die reale Schuld von 500 Mrd. sind das 70% Schuldenerlass. Man wird lügen, damit die Umkehrung der Prozente sich nicht rumspricht, man wird eklig sein, damit andere durch das Procedere weggeekelt werden.

Aber die anderen Politiker sind nicht dumm. Die wissen, wie groß die Geschenke wirklich sind und werden dementsprechend eigene Forderungen stellen. Das dürfte dann der Zeitpunkt sein, wo die deutsche Allgemeinheit lernt, dass sie zum fast exklusiven Zahler auserkoren ist (zusammen mit Holland, Österreich, Finnland, Luxemburg). Da öffnet sich die Büchse der Pandora so oder so und überschüttet alles mit kübelweise Übel.

Wenn Griechenland es irgendwann geschafft hat, dem Euro zu entkommen, wird es eine Blüte erleben, z.B. mit enormen Gewinnen beim Torismus. Das geht auf Kosten der Türkei, aber auch Italien und Spanien. Noch mehr Grund für diese Länder, entweder Vergünstigungen zu fordern oder den Euro zu verlassen.

Die Euro-Götterdämmerung könnte die unernannten Euro-Götter vom Thron stürzen. Recht geschähe ihnen, für jahrelange Willküraktionen kontrovers zum demokratischen Willen und zu den ökonomischen Gesetzen. Bleibt zu hoffen, dass die Idee der EU darob nicht allzusehr geschädigt wird.

Links dazu:
Der Euro: größter Feind Europas
Fortgesetzter Euro-Betrug für Griechenland
Das 10-Billionen-Problem
Neue EZB-Kritik: EuGH reingelegt
That’s Greek to me
Grexit: Prinzip der Raubritter
Mehr Wahrheit über Griechenland
Neue Griechenland-Hilfe “benötigt”